COACHING - PAARBERATUNG - PSYCHOTHERAPIE
Mittwoch, 14. November 2012
Montag, 22. Oktober 2012
Dienstag, 2. Oktober 2012
Glücklichsein läßt uns älter werden
Als bahnbrechend wird in wissenschaftlichen Kreisen die sogenannte "Nonnen-Studie" zitiert, die sich durch einen Zufall ergeben hatte: In den 30er Jahren hatte der Abt die Novizinnen gebeten einen kurzen Lebenslauf zu schreiben. Da las man also entweder: "Das vergangene Jahr ... war sehr glücklich. Nun bin ich voll erwartungsvoller Freude ..." oder aber: "Mit Gottes Hilfe will ich das Beste für unseren Orden ...". Nun, diese Pflichtorientierte wurde 59 Jahre alt, ihre glückliche Kollegin "voller Freude" ganze 98.
Im Jahr 2000 konnte die amerikanische Forschergruppe um Danner eine Inhaltsanalyse dieser Lebensläufe vornehmen, welche die 18-32 Jahre alten angehenden Nonnen beim Eintritt geschrieben hatten.
Es zeigte sich, dass diejenigen der 178 Nonnen, die damals überwiegend positive Begriffe wie z.B. "Glück", "Freude", "göttliche Liebe" etc. geschrieben hatten, in der Folge durchschnittlich 10 Jahre länger lebten als ihre Mitschwestern.
Der Vergleich ist deshalb so interessant, weil Nonnen weitgehend dieselbe Lebensform praktizieren, was bei anderen Zielgruppen sehr selten zu finden ist. Deshalb ist die Interpretation des Ergebnisses auch höchst legitim, weil sich sonst kaum Faktoren finden, die ursächlich wären, als die Ausrichtung der persönlichen Haltung bzw. Einstellung.
Allerdings wird vor einer Generalisierung gewarnt, denn Nonnen führen ein im Vergleich zu anderen Menschen ziemlich streßbefreites Leben. So läßt es sich leichter alt werden, gilt Stress doch als einer der größten Killer in puncto Lebenserwartung.
Eine neuere Meta-Studie des bekannten europäischen Glücks-Experten Veenhofen aus den Niederlanden brachte 2008 zutage, dass generell, (dazu muss man also keine Nonnen sein), glückliche Menschen zwischen sieben und zehn Jahre länger leben.
Man wird also nicht nur älter, sondern auch glücklicher älter.
Quellen:
Danner, D.P., et al. (2001), Positive emotions in early life and longevity: Findings from the Nun-study. J.Pers.Soc.Psychol., 80, 804-813
Veenhoven, R. (2008), Effects of happiness on physical health and the consequences for preventive health care. J.Happ.Studies, 9, 449-469
Im Jahr 2000 konnte die amerikanische Forschergruppe um Danner eine Inhaltsanalyse dieser Lebensläufe vornehmen, welche die 18-32 Jahre alten angehenden Nonnen beim Eintritt geschrieben hatten.
Es zeigte sich, dass diejenigen der 178 Nonnen, die damals überwiegend positive Begriffe wie z.B. "Glück", "Freude", "göttliche Liebe" etc. geschrieben hatten, in der Folge durchschnittlich 10 Jahre länger lebten als ihre Mitschwestern.
Der Vergleich ist deshalb so interessant, weil Nonnen weitgehend dieselbe Lebensform praktizieren, was bei anderen Zielgruppen sehr selten zu finden ist. Deshalb ist die Interpretation des Ergebnisses auch höchst legitim, weil sich sonst kaum Faktoren finden, die ursächlich wären, als die Ausrichtung der persönlichen Haltung bzw. Einstellung.
Allerdings wird vor einer Generalisierung gewarnt, denn Nonnen führen ein im Vergleich zu anderen Menschen ziemlich streßbefreites Leben. So läßt es sich leichter alt werden, gilt Stress doch als einer der größten Killer in puncto Lebenserwartung.
Eine neuere Meta-Studie des bekannten europäischen Glücks-Experten Veenhofen aus den Niederlanden brachte 2008 zutage, dass generell, (dazu muss man also keine Nonnen sein), glückliche Menschen zwischen sieben und zehn Jahre länger leben.
Man wird also nicht nur älter, sondern auch glücklicher älter.
Quellen:
Danner, D.P., et al. (2001), Positive emotions in early life and longevity: Findings from the Nun-study. J.Pers.Soc.Psychol., 80, 804-813
Veenhoven, R. (2008), Effects of happiness on physical health and the consequences for preventive health care. J.Happ.Studies, 9, 449-469
Mittwoch, 26. September 2012
Du sollst wissen, was Du willst …
"Wer nicht genau weiß, wohin er will, braucht sich nicht zu wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
(Robert F. Mager)
To-do-Listen zu schreiben, differenzierte Lebenspläne zu visualisieren und Ziele festzuhalten – darin sind wir Deutsche Weltmeister. Zweifelsohne ist es bedeutsam zu wissen wo die Ziellinie liegt, bevor man in eine Richtung startet. Doch denkt man beispielswiese an die vielen gut gemeinten Listen der Silvester Abende zurück – festgehaltene Visionen der knackigen Strandfigur oder den Sprung über die nächsten fünf Sprossen der Karriereleiter – kann bei vielen ein bitter-wehmütiges Gefühl aufkeimen.
Die grenzenlos scheinende Motivation und Euphorie beim Formulieren der eigenen Wünsche wich in vielen Fällen lähmender Ernüchterung und Passivität. Am Küchentisch sitzend, an den neuen Ernährungs- und Sportplänen bastelnd, fragt man sich schon nach dem Sinn der Bemühung, wenn der Weg danach schnurstracks zur Tiefkühltruhe und einem großen Löffel Schokoladen-Eiscreme führt. Grenzt es nicht schon an Masochismus, den eigenen Misserfolg durch die Verschriftlichung und Planung so schmerzlich vor Augen geführt zu bekommen? Sind vielleicht sogar die Pläne selbst die Übeltäter? Setzen sie uns unbewusst unter Druck und untergraben die eigene Disziplin und Standfestigkeit?
Dieser Frage gingen Wendy Liu von der University of California in San Diego und Claudia Townsend von der Miami University im „Journal of Consumer Research“ empirisch auf den Grund. In fünf verschiedenen experimentellen Situationen untersuchten die Forscher die Selbstdisziplin der Studienteilnehmer. In einem Teilexperiment wurde das Verhalten von 500 Amerikanern verfolgt, die mit einer Steuerrückzahlung von mindestens 1.200 Dollar rechneten. Die eine Hälfte der Probanden sollte angeben „wofür“ das Geld ausgegeben werde. Dabei zählten zu den häufigsten gewählten Optionen „Sparen“, „Anlegen“ oder „Schulden begleichen“. Die andere Hälfte der Gruppe musste keine konkreten Angaben zum Verwendungszweck des Geldes machen.
Nach sechs Monaten wurden die Studienteilnehmer erneut befragt. Es zeigte sich ein paradoxes Bild: Genau jene, die in der Erstbefragung angegeben hatten das Geld sparen zu wollen oder Schulden abzubezahlen, hatten am wenigsten zur Seite gelegt bzw. Schuldentilgung verwendet!
In einem anderen experimentellen Design wurde die Standfestigkeit bei Ernährungsplänen auf die Probe gestellt. Auch hier zeigte sich ein äquivalentes Muster zu den „Finanzexperten“: Genau diejenigen Probanden, die sich in der Prä-Untersuchung gesunde Ernährung vorgenommen hatten, aßen ungesünder als jene, die vorab keine konkreten Vorhaben äußerten. Gerade mit fixem Plan wurde in der Untersuchungsbedingung am häufigsten zum Schokoriegel gegriffen.
Doch nicht alle Probanden der Gruppe mit Plan wurden schwach. Was unterscheidet die Probanden, die der süßen Verführung widerstehen konnten von den undisziplinierten Schleckermäulern?
Townsend und Liu gingen der Ursache auf den Grund. Ihr Ergebnis: Probanden, die mit ihrem Körper bereits einigermaßen zufrieden waren, setzten die selbstauferlegten Regeln und Pläne wahrscheinlicher in die Realität um. Diejenigen, die sich mit ihrem Körper unwohl fühlten und weiter vom Wunschgewicht entfernt waren, erlagen, trotz (oder gerade wegen?) ihrem Plan, eher der süßen Verführung.
Ein ähnliches Bild präsentierte sich beim Experiment zur Steuerrückzahlung: Je weniger die Teilnehmer mit ihrer finanziellen Situation im reinen waren, umso weniger führen konkrete Sparpläne zum Erfolg.
Das identifizierte Muster lässt sich wie folgt erfassen: Je näher wir dem Ziel bereits sind, desto eher beißen wir uns durch.
Bereits im Jahre 1932 postuliere Clark Hull dies als sogenannten „Goal-Gradient-Effekt“. Kaum einer würde bei einem Marathon aufgeben wenn die Ziellinie und die Jubelnden Zuschauer schon in Sichtweite liegen. Darüber hinaus haben die konkreten Umsatzpläne Einfluss auf den Erfolg: Je größer die Kluft vom Ist-Zustand zum Wunsch-Zustand, umso mehr wirken Pläne kontraproduktiv. Durch Sie wird schmerzlich bewusst, wie weit man vom Wunschzustand entfernt ist, was zu Unzufriedenheit, Stress und Resignation führen könnte.
Doch die Pläne selbst als Ursache des Misserfolges zu deklarieren wäre falsch. Vielmehr ist an der Gestaltung der Zielformulierung und der konkreten Umsetzung zu arbeiten: Große Ziele in kleine erreichbare Teilziele zu zerlegen reduziert die Ehrfurcht – vor Erfolg - und ermutigt zum „ersten Schritt“ der langen Reise. Möchte man beispielsweise ein Büro entrümpeln würden täglich erreichbare Ziele formuliert (z.B. an einem Tag die Schublade entrümpeln, am anderen Tag werden die Ordner neu beschriftet oder die alten Stifte aussortiert) und jeder Teilerfolg gefeiert.
Zudem sollte ein Perspektivenwechsel, weg vom Blick auf das große Endziel (z.B. der straffen Bikinifigur), hin zum konkreten Verhalten (tägliche Sporteinheiten, zuckerarme Ernährung usw.) Wunder wirken.
Denn: Weder die Zahl auf dem Kontoauszug, noch den Zeiger der Waage, lässt sich direkt durch menschliche Willenskraft oder dem Grad an Disziplin beeinflussen - das konkrete Verhalten jedoch sehr wohl. Macht die tägliche Laufeinheit oder der Salat zu Mittag Spaß, wird es als Belohnung empfunden die geschmiedeten Pläne zu realisieren, sind die Vorteile der neuen Verhaltensweisen jeden Tag am eigenen Leibe spürbar – dann ist das Ziel schneller erreicht als gedacht:
Lassen Sie also besser Ihre glorreichen Zielvisionen auf einem Podest stehen und arbeiten Sie an Ihren Gewohnheiten. Oder, wie Jim Rohn so trefflich formulierte:
“Motivation is what gets you started. Habit is what keeps you going.”
Quelle:
Townsend, C. & Liu, W. (2012). Is Planning Good for You? The Differential Impact of Planning on Self Regulation. Journal of Consumer Research.
(Robert F. Mager)
To-do-Listen zu schreiben, differenzierte Lebenspläne zu visualisieren und Ziele festzuhalten – darin sind wir Deutsche Weltmeister. Zweifelsohne ist es bedeutsam zu wissen wo die Ziellinie liegt, bevor man in eine Richtung startet. Doch denkt man beispielswiese an die vielen gut gemeinten Listen der Silvester Abende zurück – festgehaltene Visionen der knackigen Strandfigur oder den Sprung über die nächsten fünf Sprossen der Karriereleiter – kann bei vielen ein bitter-wehmütiges Gefühl aufkeimen.
Die grenzenlos scheinende Motivation und Euphorie beim Formulieren der eigenen Wünsche wich in vielen Fällen lähmender Ernüchterung und Passivität. Am Küchentisch sitzend, an den neuen Ernährungs- und Sportplänen bastelnd, fragt man sich schon nach dem Sinn der Bemühung, wenn der Weg danach schnurstracks zur Tiefkühltruhe und einem großen Löffel Schokoladen-Eiscreme führt. Grenzt es nicht schon an Masochismus, den eigenen Misserfolg durch die Verschriftlichung und Planung so schmerzlich vor Augen geführt zu bekommen? Sind vielleicht sogar die Pläne selbst die Übeltäter? Setzen sie uns unbewusst unter Druck und untergraben die eigene Disziplin und Standfestigkeit?
Dieser Frage gingen Wendy Liu von der University of California in San Diego und Claudia Townsend von der Miami University im „Journal of Consumer Research“ empirisch auf den Grund. In fünf verschiedenen experimentellen Situationen untersuchten die Forscher die Selbstdisziplin der Studienteilnehmer. In einem Teilexperiment wurde das Verhalten von 500 Amerikanern verfolgt, die mit einer Steuerrückzahlung von mindestens 1.200 Dollar rechneten. Die eine Hälfte der Probanden sollte angeben „wofür“ das Geld ausgegeben werde. Dabei zählten zu den häufigsten gewählten Optionen „Sparen“, „Anlegen“ oder „Schulden begleichen“. Die andere Hälfte der Gruppe musste keine konkreten Angaben zum Verwendungszweck des Geldes machen.
Nach sechs Monaten wurden die Studienteilnehmer erneut befragt. Es zeigte sich ein paradoxes Bild: Genau jene, die in der Erstbefragung angegeben hatten das Geld sparen zu wollen oder Schulden abzubezahlen, hatten am wenigsten zur Seite gelegt bzw. Schuldentilgung verwendet!
In einem anderen experimentellen Design wurde die Standfestigkeit bei Ernährungsplänen auf die Probe gestellt. Auch hier zeigte sich ein äquivalentes Muster zu den „Finanzexperten“: Genau diejenigen Probanden, die sich in der Prä-Untersuchung gesunde Ernährung vorgenommen hatten, aßen ungesünder als jene, die vorab keine konkreten Vorhaben äußerten. Gerade mit fixem Plan wurde in der Untersuchungsbedingung am häufigsten zum Schokoriegel gegriffen.
Doch nicht alle Probanden der Gruppe mit Plan wurden schwach. Was unterscheidet die Probanden, die der süßen Verführung widerstehen konnten von den undisziplinierten Schleckermäulern?
Townsend und Liu gingen der Ursache auf den Grund. Ihr Ergebnis: Probanden, die mit ihrem Körper bereits einigermaßen zufrieden waren, setzten die selbstauferlegten Regeln und Pläne wahrscheinlicher in die Realität um. Diejenigen, die sich mit ihrem Körper unwohl fühlten und weiter vom Wunschgewicht entfernt waren, erlagen, trotz (oder gerade wegen?) ihrem Plan, eher der süßen Verführung.
Ein ähnliches Bild präsentierte sich beim Experiment zur Steuerrückzahlung: Je weniger die Teilnehmer mit ihrer finanziellen Situation im reinen waren, umso weniger führen konkrete Sparpläne zum Erfolg.
Das identifizierte Muster lässt sich wie folgt erfassen: Je näher wir dem Ziel bereits sind, desto eher beißen wir uns durch.
Bereits im Jahre 1932 postuliere Clark Hull dies als sogenannten „Goal-Gradient-Effekt“. Kaum einer würde bei einem Marathon aufgeben wenn die Ziellinie und die Jubelnden Zuschauer schon in Sichtweite liegen. Darüber hinaus haben die konkreten Umsatzpläne Einfluss auf den Erfolg: Je größer die Kluft vom Ist-Zustand zum Wunsch-Zustand, umso mehr wirken Pläne kontraproduktiv. Durch Sie wird schmerzlich bewusst, wie weit man vom Wunschzustand entfernt ist, was zu Unzufriedenheit, Stress und Resignation führen könnte.
Doch die Pläne selbst als Ursache des Misserfolges zu deklarieren wäre falsch. Vielmehr ist an der Gestaltung der Zielformulierung und der konkreten Umsetzung zu arbeiten: Große Ziele in kleine erreichbare Teilziele zu zerlegen reduziert die Ehrfurcht – vor Erfolg - und ermutigt zum „ersten Schritt“ der langen Reise. Möchte man beispielsweise ein Büro entrümpeln würden täglich erreichbare Ziele formuliert (z.B. an einem Tag die Schublade entrümpeln, am anderen Tag werden die Ordner neu beschriftet oder die alten Stifte aussortiert) und jeder Teilerfolg gefeiert.
Zudem sollte ein Perspektivenwechsel, weg vom Blick auf das große Endziel (z.B. der straffen Bikinifigur), hin zum konkreten Verhalten (tägliche Sporteinheiten, zuckerarme Ernährung usw.) Wunder wirken.
Denn: Weder die Zahl auf dem Kontoauszug, noch den Zeiger der Waage, lässt sich direkt durch menschliche Willenskraft oder dem Grad an Disziplin beeinflussen - das konkrete Verhalten jedoch sehr wohl. Macht die tägliche Laufeinheit oder der Salat zu Mittag Spaß, wird es als Belohnung empfunden die geschmiedeten Pläne zu realisieren, sind die Vorteile der neuen Verhaltensweisen jeden Tag am eigenen Leibe spürbar – dann ist das Ziel schneller erreicht als gedacht:
Lassen Sie also besser Ihre glorreichen Zielvisionen auf einem Podest stehen und arbeiten Sie an Ihren Gewohnheiten. Oder, wie Jim Rohn so trefflich formulierte:
Quelle:
Townsend, C. & Liu, W. (2012). Is Planning Good for You? The Differential Impact of Planning on Self Regulation. Journal of Consumer Research.
Labels:
Ernährung,
Finanzen,
Gesundheit,
Lebensgestaltung,
Selbstwirksamkeit,
Stress,
Verhalten,
Vorsätze,
Ziele,
Zufriedenheit.
Mittwoch, 12. September 2012
Wissenschaft: Vom Glauben und Berge versetzen...
„Nix is umsonst und sogar da Tod kosts‘ Leben“ - dies besagt ein altes bayrisches Sprichwort und gerade in der Arbeitswelt kennen wir sie alle: Mitarbeiter die um Punkt 17 Uhr den Bleistift fallen lassen. Im eigenen Projekt wird lieber auf Zeitlupenmodus geschaltet, anstatt dem überlasteten Kollegen unter die Arme zu greifen. Am Chef und der Firma wird kein gutes Haar gelassen. Konstruktive Verbesserungsvorschläge hört man kaum.
Doch es geht auch anders: Wie kommt es, dass manche durchaus bereit sind sich über den „Dienst nach Vorschrift“ hinaus für den Betrieb ein zu setzen? Ob Einarbeiten eines neuen Kollegen, freiwillige Weiterbildung, um neue Erkenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, oder aber der selbstgebackener Kuchen für die Belegschaft - „Freiwilligen Arbeitsengagement“ hat viele Gesichter. Dass es auch tatsächlich dazu kommt hängt vor allem mit der Arbeitsatmosphäre und dem organisatorischen Partizipationsgrad zusammen. Darüber hinaus spielt ein anderer Faktor eine herausragende Rolle: der Glaube an sich selbst.
Sozialpsychologen der Ruhr-Universität Bochum untersuchten eine Stichprobe von 126 Personen verschiedener Branchen und Positionen (10% Führungskräfte, 72% Mitarbeiter, 7% Selbstständige, 11% Auszubildende). Das Ziel der Studie bestand darin die wichtigsten Motivationsfaktoren zu identifizieren, welche Mitarbeiter dazu bewegen sich freiwillig zu engagieren. Dabei überprüften die Autoren das Modell von Parker et al. (2006), das vier Faktoren postuliert, die Einfluss auf das freiwillige Engagement haben:
1. Selbstwirksamkeit: „Ich kann diese Aufgabe bewältigen“
2. Kontrolleinschätzung: „Ich habe Kontrolle über den Aufgabenprozess und kann positiv auf das Ergebnis einwirken“
3. Veränderungsorientierung: „Ich fühle mich verpflichtet, konstruktiv an Veränderungsprozessen mit zu wirken“
4. Flexible Rollenorientierung: „Diese Aufgabe fällt in meinen Verantwortungsradius, ich fühle mich für die Lösung des Problems verantwortlich“
Es konnte empirisch gezeigt werden, dass der Glaube an sich Selbst, die Überzeugung einer Aufgabe gewachsen zu sein, in starkem Zusammenhang steht mit dem freiwilligen Arbeitsaufwand zu Gunsten der Organisation. Die anderen drei Faktoren, Kontrolleinschätzung, Veränderungsorientierung und flexible Rollenorientierung, belegten lediglich eine untergeordnete Rolle. Die Selbstwirksamkeit ist es, sie wirkt demnach als eine Art „Mediator“ zwischen Eigenverantwortlichkeit als Disposition und dem konkret gezeigten, freiwilligen Engagement (intentional, situationsangemessen, selbstgesteuert).
Welche Auswirkungen hat dieses eigenverantwortliche Arbeitsengagement noch? Nach Bierhoff und Kollegen (2012) verbessert sie die qualitative, sowie die quantitative Arbeitsleistung direkt. Auch die Kundenzufriedenheit erhöht sich nachweislich, weil der Mitarbeiter durch eigenverantwortliches Handeln flexibler auf die Wünsche des Kunden eingeht . Auch die freiwilligen Helfer selbst profitieren: durch das proaktive, freiwillige Verhalten wird auch Ihr eigenes Wohlbefinden erhöht (Brown, et al. 2009) - überdies die Identifikation mit dem Unternehmen und der eigenen Arbeit.
WinWin: Als Führungskraft an der Selbstwirksamkeitserwartung der Mitarbeiter an zu setzen, ist demnach für alle Seiten lohnenswert. Diese lässt sich am effektivsten steigern durch eine gezielte Verhaltensänderung: Wenn der Chef einem Mitarbeiter Aufgaben zutraut, die bislang nicht in seinem Aufgabenhorizont lagen und er dabei positive Ergebnisse erzielt, wird dieser Mitarbeiter bei der nächsten Aufgabe stärker an seine Fähigkeit glauben und vermutlich „mehr“ geben. Durch die erhöhte Selbstwirksamkeit und das „Anpacken von Problemen in Eigenregie“, können Erfolgserlebnisse geschaffen werden, die das von allen ersehnte Gefühl von „Yes - We can“ erzeugen. Diese Erfolgserlebnisse wirken wiederum als positiver Anreizwert zur Ausbildung und Aufrechterhaltung weiteren freiwilligen Arbeitsengagements.
Ein Engelskreis ist geboren. Worauf warten Sie noch? Fangen wir an.
Quellen:
Bierhoff, W., Lemiech, K. & Rohmann, E. (2012). Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und freiwilliges Arbeitsengagement. Wirtschaftspsychologie, 1, 83-90.
Brown, S., Smith, D. & Schulz, R., et al. (2009). Caregiving behavior is associated with decreased mortality risk. Psychological Science, 20, 488-494.
Parker, S., Williams, H., & Turner, N. (2006). Modeling the antecedents of proactive behavior at work. Journal of Applied Psychology, 91, 636-652.
Doch es geht auch anders: Wie kommt es, dass manche durchaus bereit sind sich über den „Dienst nach Vorschrift“ hinaus für den Betrieb ein zu setzen? Ob Einarbeiten eines neuen Kollegen, freiwillige Weiterbildung, um neue Erkenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, oder aber der selbstgebackener Kuchen für die Belegschaft - „Freiwilligen Arbeitsengagement“ hat viele Gesichter. Dass es auch tatsächlich dazu kommt hängt vor allem mit der Arbeitsatmosphäre und dem organisatorischen Partizipationsgrad zusammen. Darüber hinaus spielt ein anderer Faktor eine herausragende Rolle: der Glaube an sich selbst.
Sozialpsychologen der Ruhr-Universität Bochum untersuchten eine Stichprobe von 126 Personen verschiedener Branchen und Positionen (10% Führungskräfte, 72% Mitarbeiter, 7% Selbstständige, 11% Auszubildende). Das Ziel der Studie bestand darin die wichtigsten Motivationsfaktoren zu identifizieren, welche Mitarbeiter dazu bewegen sich freiwillig zu engagieren. Dabei überprüften die Autoren das Modell von Parker et al. (2006), das vier Faktoren postuliert, die Einfluss auf das freiwillige Engagement haben:
1. Selbstwirksamkeit: „Ich kann diese Aufgabe bewältigen“
2. Kontrolleinschätzung: „Ich habe Kontrolle über den Aufgabenprozess und kann positiv auf das Ergebnis einwirken“
3. Veränderungsorientierung: „Ich fühle mich verpflichtet, konstruktiv an Veränderungsprozessen mit zu wirken“
4. Flexible Rollenorientierung: „Diese Aufgabe fällt in meinen Verantwortungsradius, ich fühle mich für die Lösung des Problems verantwortlich“
Es konnte empirisch gezeigt werden, dass der Glaube an sich Selbst, die Überzeugung einer Aufgabe gewachsen zu sein, in starkem Zusammenhang steht mit dem freiwilligen Arbeitsaufwand zu Gunsten der Organisation. Die anderen drei Faktoren, Kontrolleinschätzung, Veränderungsorientierung und flexible Rollenorientierung, belegten lediglich eine untergeordnete Rolle. Die Selbstwirksamkeit ist es, sie wirkt demnach als eine Art „Mediator“ zwischen Eigenverantwortlichkeit als Disposition und dem konkret gezeigten, freiwilligen Engagement (intentional, situationsangemessen, selbstgesteuert).
Welche Auswirkungen hat dieses eigenverantwortliche Arbeitsengagement noch? Nach Bierhoff und Kollegen (2012) verbessert sie die qualitative, sowie die quantitative Arbeitsleistung direkt. Auch die Kundenzufriedenheit erhöht sich nachweislich, weil der Mitarbeiter durch eigenverantwortliches Handeln flexibler auf die Wünsche des Kunden eingeht . Auch die freiwilligen Helfer selbst profitieren: durch das proaktive, freiwillige Verhalten wird auch Ihr eigenes Wohlbefinden erhöht (Brown, et al. 2009) - überdies die Identifikation mit dem Unternehmen und der eigenen Arbeit.
WinWin: Als Führungskraft an der Selbstwirksamkeitserwartung der Mitarbeiter an zu setzen, ist demnach für alle Seiten lohnenswert. Diese lässt sich am effektivsten steigern durch eine gezielte Verhaltensänderung: Wenn der Chef einem Mitarbeiter Aufgaben zutraut, die bislang nicht in seinem Aufgabenhorizont lagen und er dabei positive Ergebnisse erzielt, wird dieser Mitarbeiter bei der nächsten Aufgabe stärker an seine Fähigkeit glauben und vermutlich „mehr“ geben. Durch die erhöhte Selbstwirksamkeit und das „Anpacken von Problemen in Eigenregie“, können Erfolgserlebnisse geschaffen werden, die das von allen ersehnte Gefühl von „Yes - We can“ erzeugen. Diese Erfolgserlebnisse wirken wiederum als positiver Anreizwert zur Ausbildung und Aufrechterhaltung weiteren freiwilligen Arbeitsengagements.
Ein Engelskreis ist geboren. Worauf warten Sie noch? Fangen wir an.
Quellen:
Bierhoff, W., Lemiech, K. & Rohmann, E. (2012). Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und freiwilliges Arbeitsengagement. Wirtschaftspsychologie, 1, 83-90.
Brown, S., Smith, D. & Schulz, R., et al. (2009). Caregiving behavior is associated with decreased mortality risk. Psychological Science, 20, 488-494.
Parker, S., Williams, H., & Turner, N. (2006). Modeling the antecedents of proactive behavior at work. Journal of Applied Psychology, 91, 636-652.
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Erfolg,
Erfolgserlebnis,
Führung,
Leistung,
Motivation,
Selbstwirksamkeit,
WinWin
Donnerstag, 6. September 2012
Donnerstag, 30. August 2012
Paare herhören: was/wie Sie schreiben, sagt mehr aus, als Sie denken
Chatten Sie ab und zu mit Ihrem Partner? Wenn ja, dann sollten Sie vorsichtig sein: Das, was Sie schreiben, sagt mehr aus, als Sie denken!
Dies beweist eine Studie des Psychologen Richard B. Slatcher von der Wayne State University und seinen Kollegen. Die Forscher analysierten Chatinhalte von 68 Paaren über einen Zeitraum von 10 Tagen. Die ausgewählten Paare hatten ein Durchschnittsalter von 19 Jahren und schrieben sich fast täglich "Instant messages".
Zudem gaben die Probanden das Maß ihrer Beziehungszufriedenheit an.
Die Analyse der verwendeten Wörter brachte spannende Erkenntnisse zum Vorschein: Bei Paaren, bei denen die Frau häufiger "ich" in ihren Sätzen verwendete, schien die Beziehung stabiler zu sein. Zudem waren sowohl Mann als auch Frau sichtlich zufriedener. "Diese Beziehungen funktionieren besser, da die Frau sich dem Partner gegenüber mehr öffnet und mehr von sich preis gibt," so Slatcher. Für Männer, die häufig "ich" verwendeten, war der Vorteil nicht ganz so groß. Hier gab es nur einen kleinen Unterschied in der Zufriedenheit im Vergleich mit Männern, die "ich" selten verwendeten. Wenn Männer oft "mir" oder "mich" schrieben, hatte das sogar einen negativen Effekt auf die Beziehung! Auch die häufige Verwendung von "du" war nicht gerade positiv.
Was kann Mann also tun, um die Beziehung via Sprache zu verbessern?
Die Antwort überrascht kaum: über Gefühle reden, also auch Gefühle aussprechen! Männer mit einem "schnulzigeren" Schreibstil, der häufiger Worte wie "Liebe" oder "glücklich" enthielt, waren zufriedener in ihren Beziehungen und die Liebe hielt zudem länger!
Spannend war auch, dass das bekannte und unter Singles stark verhasste "wir", anders als angenommen, keinen besonders positiven Effekt auf Zufriedenheit oder Intimität der Beziehung hatte.
Die Forscher interpretierten die Ergebnisse folgendermaßen: Autonomie sei wichtig und gut für eine Beziehung, das beweise die positive Wirkung von "ich"-Formulierungen. Diese zeige nämlich, dass der Partner über sich und seine Gefühle Bescheid wisse und diese auch mitteile. Die häufige Verwendung von "mir" oder "mich" dagegen, deute auf eine Opferhaltung hin und beinhalte wenig Bemühung für die Beziehung. Dasselbe gelte für "du"-Formulierungen.
Probieren Sie die neuen Erkenntnisse doch gleich mal aus, und überraschen Sie Ihren Partner heute Abend mit einem freundlichen: "Ich glaube, ich sollte dir häufiger sagen, dass ich dich liebe!" (Und vermeiden Sie lauwarme Formulierungen, wie "wir sind müde" oder "wir haben keine Zeit").
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Slatcher, R. B., Vazire, S., Pennebaker, J. W.(2008): Am "i" more important than "we"? Couples' word use in instant messages. Personal Relationships, 15/4: pp. 407-424
Dies beweist eine Studie des Psychologen Richard B. Slatcher von der Wayne State University und seinen Kollegen. Die Forscher analysierten Chatinhalte von 68 Paaren über einen Zeitraum von 10 Tagen. Die ausgewählten Paare hatten ein Durchschnittsalter von 19 Jahren und schrieben sich fast täglich "Instant messages".
Zudem gaben die Probanden das Maß ihrer Beziehungszufriedenheit an.
Die Analyse der verwendeten Wörter brachte spannende Erkenntnisse zum Vorschein: Bei Paaren, bei denen die Frau häufiger "ich" in ihren Sätzen verwendete, schien die Beziehung stabiler zu sein. Zudem waren sowohl Mann als auch Frau sichtlich zufriedener. "Diese Beziehungen funktionieren besser, da die Frau sich dem Partner gegenüber mehr öffnet und mehr von sich preis gibt," so Slatcher. Für Männer, die häufig "ich" verwendeten, war der Vorteil nicht ganz so groß. Hier gab es nur einen kleinen Unterschied in der Zufriedenheit im Vergleich mit Männern, die "ich" selten verwendeten. Wenn Männer oft "mir" oder "mich" schrieben, hatte das sogar einen negativen Effekt auf die Beziehung! Auch die häufige Verwendung von "du" war nicht gerade positiv.
Was kann Mann also tun, um die Beziehung via Sprache zu verbessern?
Die Antwort überrascht kaum: über Gefühle reden, also auch Gefühle aussprechen! Männer mit einem "schnulzigeren" Schreibstil, der häufiger Worte wie "Liebe" oder "glücklich" enthielt, waren zufriedener in ihren Beziehungen und die Liebe hielt zudem länger!
Spannend war auch, dass das bekannte und unter Singles stark verhasste "wir", anders als angenommen, keinen besonders positiven Effekt auf Zufriedenheit oder Intimität der Beziehung hatte.
Die Forscher interpretierten die Ergebnisse folgendermaßen: Autonomie sei wichtig und gut für eine Beziehung, das beweise die positive Wirkung von "ich"-Formulierungen. Diese zeige nämlich, dass der Partner über sich und seine Gefühle Bescheid wisse und diese auch mitteile. Die häufige Verwendung von "mir" oder "mich" dagegen, deute auf eine Opferhaltung hin und beinhalte wenig Bemühung für die Beziehung. Dasselbe gelte für "du"-Formulierungen.
Probieren Sie die neuen Erkenntnisse doch gleich mal aus, und überraschen Sie Ihren Partner heute Abend mit einem freundlichen: "Ich glaube, ich sollte dir häufiger sagen, dass ich dich liebe!" (Und vermeiden Sie lauwarme Formulierungen, wie "wir sind müde" oder "wir haben keine Zeit").
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Slatcher, R. B., Vazire, S., Pennebaker, J. W.(2008): Am "i" more important than "we"? Couples' word use in instant messages. Personal Relationships, 15/4: pp. 407-424
Labels:
Autonomie,
Ehe und Partnerschaft,
Gefühle,
Glück,
Kommunikation,
Liebe,
Sprache,
Zufriedenheit
Mittwoch, 22. August 2012
Online-Dating enttabuisiert
"Web-Flirten funktioniert ähnlich wie beim Tanzen"
Der Psychologe Dr. Stephan Lermer über buntes Treiben in Single-Börsen und Annäherung per Internet. Interview mit Dr. Stephan Lermer
Warum geben Menschen Geld für die Hoffnung auf die große Internet-Liebe aus?
Dr. Lermer: Der Mensch ist irrational. Wenn es um die Triebe oder die Liebe geht, spielt Geld keine Rolle. Außerdem ist das Single-Börsen-Treiben längst enttabuisiert. Man darf sich dazu bekennen, dass man auf diesem Weg einen Partner sucht. Hinzu kommt: früher kannte man die Menschen in der unmittelbaren Umgebung noch persönlich. Heute haben wir auch vor Ort die Anonymität. Da können wir dann gleich im Internet nachschauen.
Werden wir dort finden, was wir suchen?
Dr. Lermer: Bei manchen Plattformen gibt es Tests, über die Sie ermitteln können, wer Sie eigentlich sind und wer zu Ihnen paßt. Das macht die Partnersuche ehrlicher und zielführender. Sie können Werte und Wunschvorstellungen festlegen, haben eine viel größere Auswahl. Und eine größere Trefferquote. Da hockt irgendwo auf Rügen ein Mensch, der diese Musik gerne hört, diesen Autor liest, dieses Urlaubsziel präferiert. Hinzu kommt: Partnersuchende können sich heute Anspruchsdenken erlauben, Liebe verfolgen, Liebe leben. Und Kennenlernen im Internet ist ja wie Smalltalk: Man nähert sich zwiebelschalenmäßig an, erst durch Anklicken des Profils, dann per Email oder SMS. Und wenn man merkt, das ist es doch nicht, dann kann man den Kontakt abbrechen - wie beim Tanzen. Und beide haben ihr Gesicht gewahrt.
Fragen: Michael Nardelli
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Dienstag, 21. August 2012
1 Menschen töten um 5 zu retten?
Ein Gedankenexperiment:
Sie beobachten eine führerlose Straßenbahn, die mit hoher Geschwindigkeit direkt auf fünf Gleisarbeiter zufährt. Da die Männer auf den Schienen mit Ohrenschützern arbeiten, bemerken sie die drohende Gefahr nicht. Sie aber wiederum stehen genau an der alles entscheidenden Weiche, und Sie hätten jetzt auch gerade noch Zeit genug um die Tram, die jetzt zur tödlichen Waffe zu mutieren droht, lebensrettend umzuleiten - und damit die Männer vor ihrem sicheren Tod zu bewahren. Bis dahin keine schwierige Entscheidungslage.
Aber: Würden Sie die Gleise auch umleiten, wenn Ihre Entscheidung einen einzelnen Arbeiter töten würde, der sich fatalerweise gerade auf dem umgeleiteten Gleis aufhält?
Dieses moralische Dilemma würden 90% der Befragten dahin gehend beantworten, dass sie lieber den Tod weniger in Kauf nehmen, um damit das Leben vieler zu retten – so die subjektive Einschätzung der Befragten. Eine aktuelle Studie des Evolutionspsychologen Navarette (2011) der Michigan State Universität ging zur Erforschung des sogenannten „Trolley-Problems“ noch einen Schritt weiter. Die knapp 300 Probanden erlebten die Entscheidungssituation computersimuliert mittels 3D-Brille.
Die Hälfte der Gruppe sollte den Knopf zur Gleisumleitung drücken können und damit den Tod einer Person bewußt in Kauf nehmen – es musste also aktiv etwas getan werden. Bei der anderen Hälfte der Probanden war kein Knopfdruck nötig, zumal der Zug schon auf das zweite Gleis mit der Einzelperson zulief. Die Ergebnisse gehen konform mit den subjektiven Einschätzungen früherer Untersuchungen: In der ersten Variante stellten 90 % der Versuchsteilnehmer die Gleise um, um die fünf Personen zu retten. Auch in der zweiten Versuchsanordnung, in welcher die Personen nichts zu tun brauchten, entschieden sich 88 % der Probanden dafür eine Person zu opfern um fünf andere zu retten.
Das „Trolley-Problem" wurde in vielen Abwandlungen untersucht, unter anderem von Judith Jarvis Thomson, einer Professorin des Massachusetts Institute of Technology. In ihrer Version des „Fetten-Mann-Problems“ spielt das Entscheidungsszenario der entgleisten Straßenbahn auf einer Brücke, anstatt am Weichenstellpunkt. Die einzige Möglichkeit die führerlose Straßenbahn zu stoppen, bestand darin einen großen, schweren Gegenstand von der Brücke auf den Straßenbahnwagen zu werfen. Das einzige zur Verfügung stehende „Objekt“ ist ein dicker Mann. Würde man den dicken Mann stoßen, um die fünf Gleisarbeiter vor dem Tod zu retten?
Jetzt würden die meisten der Befragten mit „nein“ antworten. Die Forscherin Judith Jarvis Thomson meint, dass dies der Unterschied zwischen "töten" und "sterben lassen" sei. Wer die Weiche umleitet, handelt zwar aktiv, benutzt aber keinen Menschen als Mittel zum Zweck.
Als Fazit könnte man nun die erfreuliche Erkenntnis ableiten, dass Menschen sehr wohl bereit sind sozial zu handeln, bereit sind Entscheidungen zum Wohl gefährdeter anderer zu treffen, selbst wenn sie diese garnicht kennen. Solange der Preis/das Opfer dafür, also die Verantwortungsübernahme zu Lasten des "es"/des Systems/der Situation geht. So lädt man sich ja keine Schuld auf, sondern minimiert die Opferzahl. Wenn es aber darum geht selbstverantwortlich eine Entscheidung zu treffen, wodurch man schuldig am Mord eines Menschen würde, um fünf anderen das Leben zu retten, dann sagt unser Evolutionsprogramm: Stop. Nichtstun macht einen ja nicht zum Mörder. Ist zwar schade um die fünf Opfer, aber die Schuld lag und liegt ja bei den Betreibern der Starßenbahn. Und - letztlich wäre die Justiz wahrscheinlich sowieso überfordert gewesen, die Komplexität des Geschehens zu begreifen. Somit kann man die Zauderer gut verstehen.
Quelle:
Navarette, C., McDonald, M., Mott, M. & Asher, B. (2011). Virtual morality: emotion and action in a simulated three-dimensional „trolley problem“. Emotion, 12, 364-370.
Jarvis Thomson, J. (1976). Killing, Letting Die, and the Trolley Problem. The Monist, 59, 204-17.
Sie beobachten eine führerlose Straßenbahn, die mit hoher Geschwindigkeit direkt auf fünf Gleisarbeiter zufährt. Da die Männer auf den Schienen mit Ohrenschützern arbeiten, bemerken sie die drohende Gefahr nicht. Sie aber wiederum stehen genau an der alles entscheidenden Weiche, und Sie hätten jetzt auch gerade noch Zeit genug um die Tram, die jetzt zur tödlichen Waffe zu mutieren droht, lebensrettend umzuleiten - und damit die Männer vor ihrem sicheren Tod zu bewahren. Bis dahin keine schwierige Entscheidungslage.
Aber: Würden Sie die Gleise auch umleiten, wenn Ihre Entscheidung einen einzelnen Arbeiter töten würde, der sich fatalerweise gerade auf dem umgeleiteten Gleis aufhält?
Dieses moralische Dilemma würden 90% der Befragten dahin gehend beantworten, dass sie lieber den Tod weniger in Kauf nehmen, um damit das Leben vieler zu retten – so die subjektive Einschätzung der Befragten. Eine aktuelle Studie des Evolutionspsychologen Navarette (2011) der Michigan State Universität ging zur Erforschung des sogenannten „Trolley-Problems“ noch einen Schritt weiter. Die knapp 300 Probanden erlebten die Entscheidungssituation computersimuliert mittels 3D-Brille.
Die Hälfte der Gruppe sollte den Knopf zur Gleisumleitung drücken können und damit den Tod einer Person bewußt in Kauf nehmen – es musste also aktiv etwas getan werden. Bei der anderen Hälfte der Probanden war kein Knopfdruck nötig, zumal der Zug schon auf das zweite Gleis mit der Einzelperson zulief. Die Ergebnisse gehen konform mit den subjektiven Einschätzungen früherer Untersuchungen: In der ersten Variante stellten 90 % der Versuchsteilnehmer die Gleise um, um die fünf Personen zu retten. Auch in der zweiten Versuchsanordnung, in welcher die Personen nichts zu tun brauchten, entschieden sich 88 % der Probanden dafür eine Person zu opfern um fünf andere zu retten.
Das „Trolley-Problem" wurde in vielen Abwandlungen untersucht, unter anderem von Judith Jarvis Thomson, einer Professorin des Massachusetts Institute of Technology. In ihrer Version des „Fetten-Mann-Problems“ spielt das Entscheidungsszenario der entgleisten Straßenbahn auf einer Brücke, anstatt am Weichenstellpunkt. Die einzige Möglichkeit die führerlose Straßenbahn zu stoppen, bestand darin einen großen, schweren Gegenstand von der Brücke auf den Straßenbahnwagen zu werfen. Das einzige zur Verfügung stehende „Objekt“ ist ein dicker Mann. Würde man den dicken Mann stoßen, um die fünf Gleisarbeiter vor dem Tod zu retten?
Jetzt würden die meisten der Befragten mit „nein“ antworten. Die Forscherin Judith Jarvis Thomson meint, dass dies der Unterschied zwischen "töten" und "sterben lassen" sei. Wer die Weiche umleitet, handelt zwar aktiv, benutzt aber keinen Menschen als Mittel zum Zweck.
Als Fazit könnte man nun die erfreuliche Erkenntnis ableiten, dass Menschen sehr wohl bereit sind sozial zu handeln, bereit sind Entscheidungen zum Wohl gefährdeter anderer zu treffen, selbst wenn sie diese garnicht kennen. Solange der Preis/das Opfer dafür, also die Verantwortungsübernahme zu Lasten des "es"/des Systems/der Situation geht. So lädt man sich ja keine Schuld auf, sondern minimiert die Opferzahl. Wenn es aber darum geht selbstverantwortlich eine Entscheidung zu treffen, wodurch man schuldig am Mord eines Menschen würde, um fünf anderen das Leben zu retten, dann sagt unser Evolutionsprogramm: Stop. Nichtstun macht einen ja nicht zum Mörder. Ist zwar schade um die fünf Opfer, aber die Schuld lag und liegt ja bei den Betreibern der Starßenbahn. Und - letztlich wäre die Justiz wahrscheinlich sowieso überfordert gewesen, die Komplexität des Geschehens zu begreifen. Somit kann man die Zauderer gut verstehen.
Quelle:
Navarette, C., McDonald, M., Mott, M. & Asher, B. (2011). Virtual morality: emotion and action in a simulated three-dimensional „trolley problem“. Emotion, 12, 364-370.
Jarvis Thomson, J. (1976). Killing, Letting Die, and the Trolley Problem. The Monist, 59, 204-17.
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Dienstag, 14. August 2012
Ex-Appeal: Wie Gedanken an den Ex die neue Liebe untergraben
Der spürbare Wunsch des neuen Partners mit seinem bzw. seiner Ex weiterhin eng befreundet bleiben zu wollen, ist für viele kein Grund zur Freude: es scheint eine stets schwelende "Rückfall-Gefahr" auszugehen von der aufflackernden Erinnerung an gemeinsame intime Zeiten. Der Kontakt wird deshalb oft missbilligt. Doch dass alleine schon die Gedanken an den Ex ein schlechtes Vorzeichen für das neue Liebesglück sein können und eine neue Beziehung buchstäblich untergraben können, das wurde kürzlich wissenschaftlich bestätigt.
In einer Langzeitstudie berichteten 123 Personen über ihre aktuelle Partnerschaftsqualität, ihre emotionale Verbindung zu den Ex-Partnern sowie die wahrgenommene Qualität von Partneralternativen. Diese Variablen wurden zu drei Messzeitpunkten über einen Zeitraum von 6 Monaten erfasst.
Die kanadischen Wissenschaftler Spielmann und Kollegen (2012) von der Universität Toronto fanden dabei heraus, dass eine zunehmende Sehnsucht zurück nach dem Ex-Partner das Abnehmen der Beziehungsqualität vorhersagen kann - allerdings nur wenn an den unmittelbaren Vorgänger gedacht wird.
Der sogenannte Ex-appeal-Effekt wirkt auch in die andere Richtung: Mit sinkender Beziehungsqualität schleichen sich vermehrt wohlige, romantische Gedanken an den Ex-Partner ein und untergraben so die neue Liebe. Interessanterweise war die Sehnsucht nach dem Ex dabei weitaus höher als die Sehnsucht nach einem generellen Partnerwechsel.
Dies wird von der Forschergruppe so erklärt, dass der Ex-Partner eine besonders attraktive Alternative zur aktuellen Beziehung darstellt, weil dieser als erreichbarer und leichter zugänglich empfunden wird. Nostalgie könnte hierbei auch eine Rolle spielen: Die Vergangenheit wird positiv verzehrt und romantisiert. Die Gedanken an die rosige Vergangenheit fungieren somit als Mittel zur Selbstberuhigung, wenn es zu Schwierigkeiten in der aktuellen Beziehung kommt.
Tiefenpsychologisch könnte man ergänzen, dass hier zwei klassische Muster wirken, die in uns die Evolution vererbt hat und implizit wirken: die Projektion und die Gnade der positiven Erinnerung („Die gute alte Zeit“). Die Projektion nährt die Hoffnung, dass es dort, im Paradies, oder bei jemandem, der nicht unser aktueller Partner ist, schöner wäre. Auch der/die Ex ist ja nicht da, also stört kein Schnarchen und kein Nein, alles wird geschönt. Umso mehr greift dieser Euphemismus durch die evolutionäre Gnade der positiven Erinnerung: wir vergessen zunehmend die negativen Seiten des Partners, selbst die, weshalb wir uns getrennt haben, und schwärmen insgeheim oder sogar lautstark von den Vorzügen des gebrochenen Krugs. Freunde müssen uns da gelegentlich regelrecht aufwecken und an die schlechten Zeiten erinnern, die wir aufgrund der inkompatiblen Partnerschaft erlitten haben, aber selbst nicht mehr als so schlimm erinnern. Wieder einmal genial von der Evolution, die uns durch diesen schönfärbenden Algorithmus sozusagen zwangsbeglückt, damit die Menschheit nicht ausstirbt. Geht man von der Statistik aus, dass jeder Hochzeiter zwischen 2-12 Beziehungen hinter sich hat, die nicht gepasst haben, dann müsste er sich ja eigentlich sagen, Partnerschaft ist nichts für mich. Doch er sagt sich, eigentlich war es doch sehr schön gebunden zu sein, und projiziert seine Sehnsüchte auf den nächsten ... Die Hoffnung stirbt zuletzt, bis dahin beflügelt sie uns. Doch sie sollte sich parallel zum Zeitpfeil nach vorne in die Zukunft richten und nicht zurück in die Vergangenheit zum Ex. Außer, beide haben sich geändert. Dann wären sie ja neue.
In einer Langzeitstudie berichteten 123 Personen über ihre aktuelle Partnerschaftsqualität, ihre emotionale Verbindung zu den Ex-Partnern sowie die wahrgenommene Qualität von Partneralternativen. Diese Variablen wurden zu drei Messzeitpunkten über einen Zeitraum von 6 Monaten erfasst.
Die kanadischen Wissenschaftler Spielmann und Kollegen (2012) von der Universität Toronto fanden dabei heraus, dass eine zunehmende Sehnsucht zurück nach dem Ex-Partner das Abnehmen der Beziehungsqualität vorhersagen kann - allerdings nur wenn an den unmittelbaren Vorgänger gedacht wird.
Der sogenannte Ex-appeal-Effekt wirkt auch in die andere Richtung: Mit sinkender Beziehungsqualität schleichen sich vermehrt wohlige, romantische Gedanken an den Ex-Partner ein und untergraben so die neue Liebe. Interessanterweise war die Sehnsucht nach dem Ex dabei weitaus höher als die Sehnsucht nach einem generellen Partnerwechsel.
Dies wird von der Forschergruppe so erklärt, dass der Ex-Partner eine besonders attraktive Alternative zur aktuellen Beziehung darstellt, weil dieser als erreichbarer und leichter zugänglich empfunden wird. Nostalgie könnte hierbei auch eine Rolle spielen: Die Vergangenheit wird positiv verzehrt und romantisiert. Die Gedanken an die rosige Vergangenheit fungieren somit als Mittel zur Selbstberuhigung, wenn es zu Schwierigkeiten in der aktuellen Beziehung kommt.
Tiefenpsychologisch könnte man ergänzen, dass hier zwei klassische Muster wirken, die in uns die Evolution vererbt hat und implizit wirken: die Projektion und die Gnade der positiven Erinnerung („Die gute alte Zeit“). Die Projektion nährt die Hoffnung, dass es dort, im Paradies, oder bei jemandem, der nicht unser aktueller Partner ist, schöner wäre. Auch der/die Ex ist ja nicht da, also stört kein Schnarchen und kein Nein, alles wird geschönt. Umso mehr greift dieser Euphemismus durch die evolutionäre Gnade der positiven Erinnerung: wir vergessen zunehmend die negativen Seiten des Partners, selbst die, weshalb wir uns getrennt haben, und schwärmen insgeheim oder sogar lautstark von den Vorzügen des gebrochenen Krugs. Freunde müssen uns da gelegentlich regelrecht aufwecken und an die schlechten Zeiten erinnern, die wir aufgrund der inkompatiblen Partnerschaft erlitten haben, aber selbst nicht mehr als so schlimm erinnern. Wieder einmal genial von der Evolution, die uns durch diesen schönfärbenden Algorithmus sozusagen zwangsbeglückt, damit die Menschheit nicht ausstirbt. Geht man von der Statistik aus, dass jeder Hochzeiter zwischen 2-12 Beziehungen hinter sich hat, die nicht gepasst haben, dann müsste er sich ja eigentlich sagen, Partnerschaft ist nichts für mich. Doch er sagt sich, eigentlich war es doch sehr schön gebunden zu sein, und projiziert seine Sehnsüchte auf den nächsten ... Die Hoffnung stirbt zuletzt, bis dahin beflügelt sie uns. Doch sie sollte sich parallel zum Zeitpfeil nach vorne in die Zukunft richten und nicht zurück in die Vergangenheit zum Ex. Außer, beide haben sich geändert. Dann wären sie ja neue.
Spielmann, S., Joel, S., MacDonald, G. & Kogan, A. (in press).
Ex appeal: Current relationship quality
and emotional attachment to ex-partners. Social Psychological and Personality Science (2012).