Mittwoch, 30. September 2009

Psychologische Begriffe: Der 'Sleeper-Effekt'.

Der von den Kommunikationsforschern Hovland, Lumsdaine und Sheffield (1949) eingeführte Begriff 'Schläfer-Effekt' hat nichts mit Terrorismus oder Verbrechen zu tun.

Er bezeichnet eine erstaunlich wirksame Erinnerungsverzerrung, bei der sich die wichtigsten Inhalte einer Botschaft mit der Zeit immer mehr durchsetzen und unsere Einstellungen und Ansichten beeinflussen, während unwichtige Dinge oder die Quelle, aus der die Botschaft stammt, mit der Zeit von selbst vernachlässigt werden.

Ganz konkret: Stellen Sie sich vor, sie nehmen an einem tatsächlich durchgeführten Experiment von Gruder und Kollegen teil, die die Hovland'sche Theorie überprüfen wollen. Sie bekommen einen Text vorgelegt, dessen Inhalt gegen die 4-Tage-Woche spricht. Am Ende des Textes erhalten Sie jedoch einen kurzen Hinweis, dass die Quelle, aus der der Text stammt, unglaubwürdig ist und zusaätzlich ein Statement für die 4-Tage-Woche. Werden Sie gleich nach dem Experiment gefragt, was Sie von der 4-Tage-Woche nun halten, wird ihre Meinung neutral oder geteilt sein. Eigentlich hatten Sie gute Argumente gegen die 4-Tage-Woche gelesen, die Sie vermutlich durchaus teilen. Andererseits ist scheinbar die Quelle, aus der die Informationen stammen, unglaubwürdig.

Bittet man Sie allerdings nach ein paar Wochen noch einmal ins Labor und befragt Sie zur 4-Tage-Woche, so passiert Erstaunliches: Ihre Einstellung zur 4-Tage-Woche wird sich über die Zeit verändert haben. Sie sind nun mit großer Wahrscheinlichkeit gegen die 4-Tage-Woche eingestellt, wenn Sie nicht schon meinungsmäßig vorbelastet waren. Warum?

Die Erklärung: Die aufgenommenen Argumente gegen die 4-Tage-Woche 'schlafen' in Ihrem Gedächtnis, sobald Sie gut genug eingelesen worden sind. Während diese wohlgelernten und -durchdachten Informationen also gut gespeichert sind, ist mit großer Wahrscheinlichkeit die kurze Information für die 4-Tage-Woche vergessen. Ebenso nicht mehr präsent ist die 'unglaubwürdige' Quelle, von der die Information stammt.

Was Ihnen somit nach der langen Zeit, in der Sie viele andere wichtige Informationen verarbeiten mussten, nur noch einfällt, ist: Der 'Fakt', dass die 4-Tage-Woche schlecht ist und die 2-3 besten Argumente dafür.

Heute erklären Forscher das Phänomen der schlafenden Informationen mit der 'Abkopplungshypothese': Speichert man Infomation A zusammen mit Gegeninformation B und Quelle X, werden mit der Zeit zunächst A und B von X im Gedächtnis getrennt. Zusätzlich bewirkt B, dass wir alle Argumente von A nochmals bewusst oder unbewusst durchdenken und damit A noch stärker gewichten. Mit der Zeit verdrängt A dann die schwächere Information B völlig aus dem bewusstseinszugänglichen Gedächtnis.

Sparen Sie also nicht mit 'Bedenken', wenn Sie jemanden langfristig von einer Sache überzeugen wollen. Der kleine Hinweis am Ende Ihrer Argumentation: 'Es könnte aber auch sein, dass Sache X sich ganz anders verhält...' bewirkt bei ihrem Kommunikationspartner, dass er Ihre ursprünglichen Argumente langfristig noch besser verinnerlicht.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Dienstag, 29. September 2009

Neues aus der Aufschieberitis-Forschung

Öhm..Entschuldigung, eigentlich wollten wir diesen Beitrag früher posten ;-)
Es gibt Neuigkeiten aus der Forschung zur Prokrastination. Der auf dem Gebiet führende Wissenschaftler Dr. Piers Steel hat - nach nur 10 Jahren - ein umfangreiches Werk veröffentlicht, in dem er beschreibt und erklärt, warum und wie wir wichtige Dinge aufschieben.
Seine wichtigsten Schlussfolgerungen:
  1. Die meisten Selbsthilferatgeber liegen falsch: Prokrastination ist nicht die Folge von Perfektionismus.
  2. Macht man zu Neujahr die besten Vorsätze, ist das meist zum Scheitern verurteilt.
  3. Das menschliche Aufschiebeverhalten ist mit einer einzigen mathematischen Formel beschreibbar.

Zunächst beschreibt Steel aber, was einen typischen "Aufschieber" von einem gewissenhaften Menschen unterscheidet, der in der Regel seine Projekte pünktlich abschließt: "Aufschieber haben generell weniger Selbstvertrauen und speziell weniger Vertrauen darauf, dass sie die anfallenden Aufgaben auch tatsächlich bewältigen können." Die bisherige Vermutung, dass vor allem Perfektionisten die Dinge aufschieben, weil sie sich nicht sicher sind, dass ihre Projekte eigenen oder fremden Standards genügen, widerlegt er und behauptet statt dessen: "Perfektionisten schieben in Wahrheit weniger auf. Allerdings machen sie sich um das Aufschieben viel mehr Sorgen."

Was sind aber die wahren Ursachen der Aufschieberitis? Steel zählt auf: Bedenken wegen der Aufgabe, Impulsivität, ein Hang zur (Selbst-)ablenkung, und Leistungsmotivation. Dabei bedeutet nicht jedes Aufschieben gleich (krankhafte) Prokrastination. Entscheidend ist, dass man glaubt, es wäre besser, nun anzufangen, aber trotzdem eben nicht anfängt.

Wenn Sie sich jetzt selbst ein wenig schuldig fühlen, sind Sie in guter Gesellschaft: Fast jeder Mensch durchlebt akute Phasen der Prokrastination, 15-20% der Bevölkerung sind chronische Aufschieber. Steel belegt, dass vor allem Impulsivität und das Vorhandensein von ablenkenden Aktivitäten Prokrastination begünstigen. Die Fernbedienung auf dem Tisch neben uns und die Kollegin, die sich so gerne zwischendurch mit uns unterhält sind wohl die besten Beispiele für Anreize, denen wir impulsiv nachgeben.

Die gute Nachricht: Willenskraft hilft enorm gegen impulsives Verhalten und selbstgewählte Ablenkung. "Ob man nun glaubt, dass man es schafft oder ob man es nicht glaubt - meist hat man recht. Und wenn man mehr Selbstkontrolle gewinnt, steigt zunächst die Erwartung, dass man es schafft, den Verlockungen und Ablenkungen der Umwelt zu widerstehen. Das wiederum verbessert die eigene Fähigkeit, die wichtigen Dinge gleich anzupacken" weiß Steel.

Abschließend meint er mit einem Augenzwinkern: "Prokrastination greift gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten um sich. Deshalb: Forschungsbemühungen zur Prokrastination sollten gerade jetzt auf keinen Fall auf die lange Bank geschoben werden."


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: University of Calgary, 2009. We're sorry this is late...Research into procrastination shows surprising findings

Freitag, 25. September 2009

Die 10 Todsünden der Partnerschaft -. und wie Sie sie vermeiden

Jede auch noch so gute Partnerschaft leidet zuweilen unter dem Fehlverhalten der Partner. Was man auf jeden Fall vermeiden sollte und wie man es vermeiden kann, das zeigen wir in unserer kleinen Serie "Todsünden der Partnerschaft" jeweils freitags, zum Start ins Wochenende. Da ist Zeit, wieder einmal nachzudenken, was wir vielleicht besser machen könnten - und unserem Partner damit eine Freude.

4. Er/sie kommt nach Hause, sie/er empfängt ihn/sie als erstes mit Vorwürfen: "Da bist du ja endlich!" "Warum kommst du erst jetzt?" "Wird auch Zeit, dass du kommst!"...

Lösung: "Schön, dass du da bist, jetzt komm erst mal rein und entspann dich" - ein Satz, der einem die ganze Zeit unterwegs im Stau oder in der Hektik des Nachhausekommens gefehlt hat. Keiner will beim Nachhausekommen mit Vorwürfen empfangen werden, sondern mit Freude darüber, dass man endlich da ist. Und man erwartet insgeheim etwas "Wundengelecktbekommen" und Belohnung für die Mühen des Tages.

5. Sie macht seine Mutter schlecht: "Hör mir bloß mit deiner Mutter auf, die ist ja viel zu alt und blickt überhaupt nicht durch. Die hat ja nur wieder Angst um ihr Söhnchen. Und diese Eifersucht auf mich!"

Lösung: Seine Mutter ist ihm heilig. Schließlich war sie in der Kindheit seine erste große Liebe, - und er sieht sich nach wie vor als ihr Beschützer., Retter, als von ihr bedingungslos geliebter Prinz. Eine kluge Frau respektiert diese besondere Beziehung - solange es in Grenzen bleibt.

6. Er wirft ihr vor, sie sei bereits wie ihre Mutter: "Jetzt bist du schon genau wie deine Mutter. Wenn du dich jetzt hören könntest: dieses Gekeife, allein schon der Tonfall. Sicher wirst du langsam genauso kleinkariert und spießig wie die!"

Lösung: "Bloß nicht so wie die Mutter werden" ist ein Programm, womit die meisten jungen Frauen ihre Identitätsfindung beginnen. Der kluge Mann ignoriert Ähnlichkeiten und betont die Besonderheiten seiner Frau, auf die sie stolz sein darf.



wird nächsten Freitag fortgesetzt!

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Lust und Liebe. Mary Hahn Verlag

Donnerstag, 24. September 2009

Eine neue Chance für die Liebe

In unserem gestrigen Beitrag erklärten wir das Empty Nest Syndrom, das die psychologischen Auswirkungen des Auszugs der eigenen Kinder beschreibt und erklärt. Auf Mütter und Väter wirkt sich das Flügge-Werden des Nachwuchses dabei unterschiedlich aus. Die entscheidende Frage ist aber: Was passiert mit dem Verhältnis der Eltern untereinander, wenn die Kinder ausgezogen sind?

'Mutter' und 'Vater' werden plötzlich oder schleichend wieder 'Full-Time-Partner'. Die Beziehung muss nun wieder auch ohne die ständige Anwesenheit der Kinder ausgefüllt und bereichert werden. Die Scheidungsstatisken belegen, dass diese Umstellung, diese Wieder-Einstellung auf den Partner beiden Elternteilen oft nicht gelingt. Vor allem dann, wenn sich die Lebenspartner in den Jahren der Kindererziehung gegenseitig primär als Eltern wahrgenommen haben. Kosenamen wie 'Mutti' oder 'Papa' verraten bereits oft die eigene Sicht vom Partner, der ja eigentlich einmal Objekt der eigenen Begierde war und Diskussionspartner für Beziehungsfragen.

Ohne Frage bestimmen auch die vielfältigen Probleme, die sich bei der Kindererziehung ergeben, mit der Zeit die Interaktions- und Kommunikationsmuster zwischen den Partnern. Und sehr oft leidet die Harmonie einer Beziehung unter der Kindererziehung. Sind die Kinder dann aus dem Haus, ist die Harmonie schon so empfindlich gestört, dass ein Umdenken schwer fallen kann.

Der Schlüssel zu einem neuen Partnerschaftsglück lautet dann wie so oft: Gelungene Kommunikation. Aller Anfang ist, dass beide Partner die neu gewonnenen Freiräume als Chance begreifen. Auf dieser Grundlage können sie dann gemeinsam Ziele definieren, Visionen für die nächsten Jahre entwickeln, Wünsche kommunizieren und den Status der Beziehung klären. Leitfrage dabei: Welche Träume sind nun gemeinsam realisierbar?



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quellen: Papastenfanou, Christiane (1997): Auszug aus dem Elternhaus. Aufbruch und Ablösung im Erleben von Eltern und Kindern
Statistisches Bundesamt (2002) (Hrsg.): Datenreport 2002, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn

Mittwoch, 23. September 2009

Psychologische Begriffe: "Empty Nest Syndrom"

Wenn Kinder flügge werden und aus der Familie wieder eine Zweierbeziehung wird.

Der Auszug der eigenen Kinder hinterlässt nicht nur bei diesen selbst tiefe psychologische Spuren (die man als notwendigen Reifeprozess auffasst), sondern auch und vor allem bei den Eltern. Mütter und Väter erleben dabei das Verlassenwerden von den Kindern teilweise recht unterschiedlich. Für beide (gemeinsam) ergeben sich natürlich gavierende Vor- und Nachteile. Das allmähliche Gewahrwerden der Veränderungen durch die Eltern und die typischen Reaktionen darauf bezeichnet man als "Empty Nest Syndrom".

Mütter reagieren auf das Verlassenwerden gleichermaßen negativ wie positiv. Zu den negativen psychischen Folgen gehören der Verlust an 'Lebenssinn', den das Aufziehen eines Kindes bedeutet. Damit einhergehend Verlust an Selbstwertgefühl, Zukunftsängste und depressive Verstimmung.

Fest steht: Je intensiver die Mütter mit der Erziehung des Kindes beschäftigt waren und je weniger Wert sie auf andere sinngebende Aufgaben, wie eine haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit gelegt haben, desto schwerer tun sie sich mit dem Auszug des Kindes und desto länger dauert auch die Phase der 'Sinnkrise', die fast alle Mütter zunächst durchmachen.


Daten des statistischen Bundesamtes (2002) zeigen allerdings, dass die meisten Mütter den Auszug des Kindes nach einigen Wochen mehr als Ent-, denn als Be-lastung ansehen. Die neu hinzugewonnene Zeit und vor allem das Nachlassen des Gefühls der Verpflichtung gegenüber dem eigenen Nachwuchs geben dann den notwendigen psychologischen Freiraum, neue identitätsstiftende Tätigkeiten zu suchen. Wiederaufnahme der Berufstätigkeit, Wahrnehmen ehrenamtlicher Tätigkeit oder nachbarschaftliches Engagement wirken oft positiver als Kindererziehung auf das eigene Selbstwertgefühl - weil diese Tätigkeiten nicht gleichermaßen mit Stress und Zukunftsangst verbunden sind.


Bei Vätern fällt der Auszug der Kinder oft mit dem sogenannten 'Time-Shift' zusammen: Die Väter sind am Ende der Karriereleiter angekommen, haben längst ihre berufliche Situation gefestigt und ziehen sich eventuell langsam aus dem Berufsleben zurück. Eigentlich hätten sie jetzt wieder mehr Zeit für die Familie, doch ausgerechnet jetzt ist da keine klassische Familie mehr. Väter haben somit sehr oft zunächst das Gefühl, etwas verpasst zu haben oder in der wichtigsten Zeit 'weg' gewesen zu sein. Dem entsprechend entwickeln sie Schuldgefühle.


Sehr oft kompensieren Väter diese Schuldgefühle, indem sie sich umso mehr um die eigenen Enkelkinder kümmern. Damit leben sie die Vaterrolle noch einmal aus und verlieren allmählich das Gefühl, den eigenen Nachwuchs zeitweise 'vernachlässigt' zu haben.


Lesen Sie morgen, welche Auswirkungen das 'Empty Nest Syndrom' auf die Partnerschaft hat und wie es gemeinsam bewältigt werden kann.




gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quellen:
Papastenfanou, Christiane (1997): Auszug aus dem Elternhaus. Aufbruch und Ablösung im Erleben von Eltern und Kindern

Statistisches Bundesamt (2002) (Hrsg.): Datenreport 2002, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn


Dienstag, 22. September 2009

Wieso weinen wir?

Klar, Gründe gibt es viele. Wenn Babys weinen, können Frauen sofort 15-20 Gründe dafür angeben, von Hunger über Schmerzen bis zur vollen Windel (Männer dagegen nennen nur 2-3 Gründe!). Und obwohl unsere Hormone und vor allem gesellschaftliche Normen unser Heulen mit dem Erwachsenwerden stark regulieren, weinen wir bei starken Gefühlsturbulenzen.

Trauerfälle, Enttäuschungen, aber auch große Freude genau wie Schrecken, Angst oder Wut können uns zum Weinen bringen. Kurz: Jede wirklich tiefe Emotion drückt auf die Tränendrüse. Gut zu beobachten im Kino, wo Menschen innerhalb von 2 Stunden oder sogar gleichzeitig aus Freude und Trauer heulen können.

Der Mensch weint also in bestimmten Situationen, weil ihn tiefe Emotionen ergreifen. Aber warum kullern uns Tränen aus den Augen? Evolutionär gesehen ist das eigentlich sinnlos. Tränen verschleiern uns die Sicht. Sie lähmen uns in gewisser Weise. Viel sinnvoller wäre es doch, wenn wir z.B. bei großer Wut anfangen würden, an den Armen zu schwitzen, weil wir dann besser kämpfen könnten. Oder bei großer Freude einfach unser strahlendes Lächeln behalten, damit wir anderen klar und deutlich signalisieren, dass wir uns wahnsinnig gut fühlen - statt verschämt vor lauter Glück vor uns hinzuheulen.

Evolutionsforschern ist das Weinen seit langem ein Rätsel. Sie haben deshalb einige rührende Theorien aufgestellt, die zur Zeit wissenschaftlich überprüft werden. Hier die besten:

1. Der Evolutionsbiologe Oran Hasson von der Universität Tel Aviv nimmt an, dass Weinen bei anderen Menschen Bindungsgefühle erzeugt und Aggressionen hemmt. Wenn wir Menschen weinen sehen, halten wir sie für vorübergehend hilflos und verletzlich. Und meist empfinden wir dann Mitgefühl und Verständnis, was uns schließlich dazu verleitet, den Weinenden zu helfen. Hasson ergänzt: "Der Flüssigkeitsfilm, der häufig mit einer Rötung der Augen einhergeht, erschwert Betrachtern die Sicht auf die Blickrichtung und die Pupillenbewegungen. Weinen also als 'tarnen und täuschen', wenn wir angegriffen oder beleidigt werden.

2. Die "Katharsis-Theorie". Seit Hippokrates hielt sich als gängige Meinung unter Wissenschaftlern, dass mit den Tränen stresserzeugende Substanzen ausgeschieden werden. Der Theorie liegt die Alltagsbeobachtung zu Grunde, dass Weinen offensichtlich gut tut. Würde man die Tränen zurückhalten, so entstünde chronischer Stress und Missmutigkeit. Gegen diese Theorie spricht allerdings, dass der allergrößte Teil der Tränen durch den Tränen-Nasen-Gang in die Nasenhöhle und den Rachen zurückfließt. Deshalb schlucken wir auch so oft beim Weinen und deshalb läuft uns auch die Nase. Das wichtigste Argument gegen die Katharsis-Theorie ist aber, dass in Tränenflüssigkeit, anders als bei anderen Körperflüssigkeiten, gar keine Schadstoffe nachgewiesen werden konnten. Tränen beruhigen also nicht.

3. Im Gegenteil: Weinen beunruhigt uns eher noch mehr. Der Psychologe James Gross führte Studentinnen traurige Filmszenen vor und maß dabei ihr Stressniveau. Ergebnis: Der Stress stieg an, wenn die Studentinnen weinten und war noch eine Zeit danach messbar erhöht.

4. Ist Weinen also schädlich? Nein, im Gegenteil! meinen die meisten evolutionären Psychologen und argumentieren ähnlich wie Oran Hasson: Weinen hat eine starke soziale Bedeutung. Indem wir weinen, kommunizieren wir unsere Emotionen sehr deutlich und lassen andere daran teilnehmen. Selbst wenn wir allein vor uns hingeweint haben, lassen unsere geröteten Augen noch Stunden später auf unsere Gemütslage schließen und provozieren damit, dass sich andere um uns kümmern, Verständnis zeigen oder uns einfach in Ruhe lassen.

Es scheint also fast sicher: Weinen hilft. Wenn auch die Tränen nicht direkt etwas bringen - oder vielmehr: etwas lösen oder abbauen -, so helfen sie uns bei der Kommunikation unserer Gefühle. Gerade bei Menschen, die sonst sehr gefasst sind, können plötzliche, ehrliche Tränen erstaunliche Wirkung zeigen: Gegner ziehen sich zurück, Umstehende trösten und nahe stehende Personen können spontan mitweinen - einfach aus Mitgefühl und Verständnis. Was dann letztlich wieder dem Weinenden gut tut, wenn er es erkennt und annimmt.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Hasson, O. (2009). Emotional Tears as biological signals. Evolutionary Psychology, 7:363-370

Montag, 21. September 2009

Under Pressure - Wie uns unser Gedächtnis bei Stress überlistet

Unter Stress verhalten wir uns oft vollkommen irrational. Was in der Regel mittelfristig unseren Stress noch vergrößert. Einen anschaulichen Beweis dafür liefern die Psychologen Jane Raymond und Jennifer O'Brien von der englischen Bangor Universität. Sie erforschen die Auswirkungen von kognitivem Stress auf menschliches Entscheidungsverhalten.

Kognitiven Stress empfinden wir zum Beispiel immer dann, wenn wir zu viele Baustellen gleichzeitig aufmachen. Wenn wir A erledigen sollen, dazwischen aber B getan werden muss und wir eigentlich für C zuständig sind, sinkt unsere Leistung und unsere Entscheidungsqualität.

Obwohl wir, wenn wir Entscheidungen treffen, vielen 'allzu menschlichen' irrationalen Tendenzen ausgesetzt sind (siehe unsere Donnerstags-Serie "Besser entscheiden mit Psychologie"), versuchen wir doch in den meisten Situationen rational zu bleiben und uns nach Überdenken sämtlicher Vor- und Nachteile für die beste Alternative zu entscheiden.

Allerdings: Schon einfachster kognitiver Stress, z.B. wenn wir kurzfristig durch andere Aufgaben abgelenkt werden, beeinflusst unsere Entscheidungsfähigkeit. Und das erstaunlicher Weise über unser Erinnerungsvermögen.

Raymond und O'Brien zeigten Ihren Versuchspersonen auf dem PC Paare von Gesichtern. Jedes der Gesichter stand für einen bestimmten Geldbetrag, den die Teilnehmer erspielen konnten, falls sie sich für das Gesicht entschieden, das 'mehr wert' war. Nachdem die Probanden eine Zeitlang durch den Vergleich der Gesichter und die richtigen Entscheidungen Geld erspielt hatten, startete der zweite Teil des Experimentes.

Hier zeigten Raymond und O'Brien die Gesichter nun einzeln, zusammen mit sehr vielen ähnlichen anderen Gesichtern. Bei jedem Gesicht sollten die Teilnehmer versuchen sich zu erinnern, ob sie es im ersten Teil des Experiments bereits gesehen hatten. Dies gelang ihnen relativ gut, wenn sie sich voll darauf konzentrieren konnten.

Wurden sie allerdings abgelenkt, zeigte sich ein interessanter Effekt: Sie erinnerten sich dann fast ausschließlich nur noch an die 'guten' Gesichter, die ihnen im ersten Teil des Experiments Geld eingebracht hatten. Die 'minderwertigen' Gesichter, die mit niedrigen Geldbeträgen assoziiert gewesen waren (die also 'Verluste' darstellten) wurden sehr viel schlechter erinnert.

Offensichtlich unterliegen wir, wenn wir in Entscheidungssituationen durch andere Aufgaben abgelenkt sind, einem interessanten Gedächtniseffekt: Wir berücksichtigen dann vorwiegend solche Informationen, mit denen wir in der Vergangenheit positive Erfahrungen gemacht haben. Und vernachlässigen emotional negativ besetzte Informationen.

Leider zu unrecht, denn die Forschung zeigt auch, dass wir für optimale Entscheidungen beide Arten von Infos brauchen - positive und negative. Dazu müssen wir jedoch erst einmal unser fehlbares Gedächtnis überlisten. Wie? Indem wir negativ besetzte Informationen irgendwo vermerken. Und zur rechten Zeit wieder ausgraben, damit wir letztlich im entscheidenden Moment aus ihnen lernen können.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle:
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2009-09/afps-upt091509.php

Freitag, 18. September 2009

Die 10 Todsünden in der Partnerschaft - und wie Sie sie vermeiden

Jede auch noch so gute Partnerschaft leidet zuweilen unter dem Fehlverhalten der Partner. Was man auf jeden Fall vermeiden sollte und wie man es vermeiden kann, das zeigen wir in unserer kleinen Serie "Todsünden der Partnerschaft" jeweils freitags, zum Start ins Wochenende. Da ist Zeit, wieder einmal nachzudenken, was wir vielleicht besser machen könnten - und unserem Partner damit eine Freude.

1. Lieblosigkeit bzw. fehlende Herzenswärme
Man wirft gerade dem Partner am allerliebsten das vor, womit man selbst Probleme hat: Unpünktlichkeit, Schlampigkeit, Vergesslichkeit, Disziplinlosigkeit - die ganze "-keits-Palette".

Lösung: Wer sich selbst seine eigenen Schwächen verzeiht ('nobody is perfect'), ist automatisch toleranter bei seinem Partner. Auch wenn es im "Zeitalter der Coolness" beinahe altmodisch klingt: Eine gute Beziehung braucht Toleranz und Herzenswärme.


2. Ihr/sein Fehlverhalten scheint ihn/sie zu eigenem Fehlverhalten zu berechtigen: Er schlug sie, weil sie ihn so provozierte, als er....; sie nörgelt, also zieht er sich zurück, also nörgelt sie. Und beide meinen "im Recht" zu sein, "weil der andere schließlich auch..."

Lösung: Jeder trägt Verantwortung für alles, was er sagt oder tut. Der Partner kann nur provozieren und damit auslösen. Erzeugt aber wird das Gefühl von einem selbst. Also: Sich selbst stets so verhalten, dass man es auch am nächsten Tag noch mit der eigenen Selbstachtung vereinbaren kann.

3. Er/Sie lässt sich äußerlich gehen: Er sieht zu selten in den Spiegel, wenn er im Unterhemd herumläuft und sein Bauch über den Hosenbund hängt. Sie berücksichtigt zu wenig, dass ein Mann Haarwickler, Gesichtsmaske etc. anders "sieht" als eine Frau, plus dass er es dauernd sehen muss, sie aber nur im Spiegel.

Lösung: Sich selbst einmal mit den Augen und Ohren des Partners sehen und hören: Fotos, Sprach- und Videoaufnahmen mit dem Handy oder der Digicam geben einen Eindruck wieder, wie einen der Partner vermutlich wahrnimmt. Ihm statt einer Umweltbelastung gezielt Augenweide und Ohrenschmaus sein - wie man das damals in der Flirtphase auch war, - das gilt übrigens als ein bewährtes Erfolgsrezept langjähriger guter Ehen.


wird nächsten Freitag fortgesetzt!

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Lust und Liebe. Mary Hahn Verlag

Donnerstag, 17. September 2009

Besser entscheiden mit Psychologie

Auf Grund der uralten Einsicht, dass nicht alles menschliche Verhalten rational ist und der Möglichkeit neuer Forschungsmethoden erlebte Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts die Verbindung von Psychologie und Wirtschaftswissenschaften eine Renaissance: Mit Hilfe der Tools der Verhaltensökonomie konnten Forscher nun weitaus besser als zuvor das (ir-)rationale Entscheidungsverhalten des Homo sapiens erklären und vorhersagen.

Bevor Sie sich nun wertvolle Tipps für bessere Entscheidungen abholen, sind Sie herzlich eingeladen, ein paar Zeilen zur Prospect Theory (siehe Beitrag vom 09.09.09) zu lesen. Obwohl die meisten Untersuchungen zur Prospect-Theorie aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, gilt die Theorie jedoch für alle Bereiche unseres Entscheidungs-Lebens. Zeit also, dass Sie ein paar dieser Fehler kennen lernen, um sie in Zukunft zu vermeiden. Ab jetzt können Sie gerne jeweils Donnerstags unsere kleine Serie 'Besser entscheiden mit Psychologie' nutzen. Viel Spaß beim Experimentieren mit den Ergebnissen der Verhaltensökonomik!


Teil 2 - Die Verlustaversion

Stellen Sie sich vor, wir würden Ihnen jetzt 500€ geben und Ihnen noch eine zusätzliche Chance bieten: Sie müssen zwischen 2 Optionen wählen. Bei Option (a) erhalten Sie sicher noch einmal 250€ dazu. Bei Option (b) werfen Sie eine Münze. Fällt Zahl, bekommen Sie noch einmal 500€. Fällt Kopf, erhalten Sie zusätzlich nichts. Welche Option würden Sie wohl wählen?

Ein anderes Beispiel: Nun geben wir Ihnen 1000€. Wieder müssen Sie zwischen 2 Optionen wählen. Bei Option (c) verlieren Sie ganz sicher 250€. Bei Option (d) werfen Sie wieder die Münze. Fällt Kopf, verlieren Sie 500€, bei Zahl verlieren Sie nichts.

Wie haben Sie sich jeweils entschieden? Die Forschung zeigt, dass sich Menschen in der Regel für die Optionen (a) und (d) entscheiden.

Natürlich sind eigentlich alle Alternativen (a)-(d) völlig gleichwertig. Trotzdem wählen wir, wenn wir mit einem drohenden Verlust konfrontiert werden (Option (c)) lieber die risikoreiche Variante (d), weil wir irrationaler Weise hoffen, den Verlust noch abwenden zu können. Ein derartiges 'Spiel', wie wir es Ihnen oben angeboten hätten, kann man noch leicht durchschauen: Wir könnten sehr rasch die Wahrscheinlichkeiten der Gewinne und Verluste mit den Werten der Outcomes verrechnen und würden bemerken, dass wir uns in allen Fällen zwischen gleichwertigen Alternativen entscheiden müssten.

In der Realität kennen wir allerdings in der Regel nicht alle möglichen Ergebnisse und Wahrscheinlichkeiten für Gewinne und Verluste. Und so bleibt unser "Bauchgefühl" übrig, das uns Verluste vermeiden lässt, größere Risiken bei drohendem Verlust eingehen lässt, uns sichere Gewinne trotz besserer Chancen bei Wiederanlage dieser Gewinne einbehalten lässt - und uns definitiv täuscht.

Die fundamentale Wahrheit hinter der Verlustaversion lautet: Menschen gehen erhebliche Risiken ein, um Verluste auszugleichen. Das führt zum Beispiel dazu, dass Spieler Ihre Einsätze erhöhen, wenn sie in den roten Zahlen sind, auch wenn ihre Gewinnchancen geringer werden. Oder dass Investoren an der Börse weniger dazu bereit sind, Wertpapierezu verkaufen, die ihnen Verluste eingebracht haben, obwohl die Chancen auf Besserung der Kurse nicht größer geworden sind. Oder dass wir es ungerecht finden, wenn ein Unternehmen auf Grund von Umsatzeinbußen die Löhne um 7% senkt, bei einer Inflationsrate von 0%. Wohingegen wir es weniger moralisch verwerflich finden, wenn dasselbe Unternehmen die Löhne um 5% anhebt, bei einer Inflationsrate von 12%.

Genau wie bei der Ankerheuristik (siehe Blog-Beitrag vom 10.9.09) helfen bei der Verlustaversion objektive Daten. Gerade dann, wenn Sie etwas verloren haben, sollten Sie nicht auf Ihre Gefühle hören, sondern Ihre Ratio bemühen und möglichst viele objektive Informationen suchen. Ein Verlust kann Ihnen somit als Warnung dienen. Er sagt Ihnen: Verstand einschalten, kühl kalkulieren und die heißen Emotionen vorerst weglassen.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Mittwoch, 16. September 2009

Psychologische Begriffe: Chamäleon-Effekt

Sind wir menschliche Chamäleons. Es scheint so: Unbemerkt von anderen und sogar von uns selbst passen wir uns den Verhaltensweisen unserer Interaktionspartner an. Mit gutem Grund.

Haben Sie schon einmal darauf geachtet, dass Sie sich nach vorne lehnen, wenn sich Ihr Gesprächspartner nach vorne lehnt? Oder dass Sie die Arme verschränken, wenn Ihr Gegenüber das tut? Oder dass Sie auf 'Heimaturlaub' andere Ausdrücke, Gesten und Mimik benutzen als sonst irgendwo auf der Welt in Ihrer Freizeit?

Wir imitieren täglich unsere Kommunikationspartner - und das zumeist unbewusst. In einschlägigen Kursen zum Neurolinguistischen Programmieren können Sie das allerdings auch bewusst lernen. Eine Basisübung besteht dort nämlich darin, den Gesprächspartner zu spiegeln - in Haltung, Mimik, Gestik und sogar verbal. Der Grund: Das Imitieren schafft Sympathie. Denn Sympathie mit einem anderen Menschen empfinden wir zuverlässig immer dann, wenn wir eine gewisse Ähnlichkeit miteinander feststellen - in Worten und Taten. "Hey, der ist wie ich!" - klingt doch sympathisch, oder?

Doch eigentlich brauchen wir keine Kurse für unser Imitationsverhalten. Wir imitieren ganz natürlich, weil wir spüren, dass andere das mögen. Diese Mimikry ist sogar so tief in uns verankert, dass wir oft gar nicht anders können. Schuld daran sind Schaltkreise im Gehirn, bei denen so genannte Spiegelneuronen aktiv sind (siehe unseren Blog-Beitrag vom 22.7.09).

Am Max-Planck-Institut in Leipzig werden seit einigen Jahren Versuche zum menschlichen Imitationsverhalten durchgeführt. Eines der faszinierendsten zeigt, dass wir nicht nicht imitieren können: Der Neuropsychologe Roman Liepelt zeigte einem Teil seiner Versuchsteilnehmer Fotos von Händen, bei denen zwei Finger durch ein Gestell fixiert waren. Dabei sollten sie mit ihren eigenen Fingern per Tastendruck Reaktionsaufgaben meistern. Das erstaunliche Ergebnis: Sahen die Teilnehmer die fixierten Finger, konnten sie ihre eigenen Finger nur noch erheblich langsamer bewegen! Die simultane Aufzeichnung ihrer Gehirnaktivität zeigte, dass dabei ihre Spiegelneuronen involviert waren.

Fazit: Was der Kommunikationspsychologe Paul Watzlawick allgemein über Kommunikation sagte ("Man kann nicht nicht kommunizieren"), gilt speziell auch für Imitation: Wir können nicht nicht imitieren. Und das ist gut so. Denn Imitation schafft Vertrauen. An der Universität von New York imitierten die Psychologen Tanya Chartrand und John Bargh ihre Versuchsteilnehmer und wurden anschließend als wesentlich sympathischer von ihnen eingeschätzt als ohne Imitation.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Dienstag, 15. September 2009

Schweiß lass nach -warum schwitzen wir, wenn wir Angst haben?

Schon einmal vor einem wichtigen Gespräch klamme, schwitzige Hände gehabt? Den Schweiß auf der Stirn gespürt oder den eigenen Angstschweiß unangenehmer Weise gerochen?
Nicht alle Menschen schwitzen in unangenehmen, peinlichen, aufregenden oder gefährlichen Situationen gleichermaßen, aber die große Mehrheit tut es - und bemerkt es auch selbst.

Warum aber schwitzen wir in gefährlichen Situationen? Dass uns der Angstschweiß ausbricht, hat vor allem zwei Gründe:
  1. Evolutionär gesehen bereitet uns Schwitzen optimal auf Kampf und Flucht vor. Er verschafft uns das gewisse Etwas an Extra-Energie, damit wir schwierige Situationen bestmöglich durchstehen können - oder uns schnellst möglich daraus entfernen können. Wenn wir nämlich kämpfen, fliehen oder dauerhaft Höchstleistungen bringen müssen, heizt sich der Körper automatisch auf. Und Schweiß ist die natürliche Kühlflüssigkeit des Körpers. Dass schon vor wichtigen und gefährlichen Situationen Schweiß ausgeschüttet wird, liegt an einer gelernten Reaktion: Haben wir eine ähnliche Gefahrensituation schon einmal erlebt, prägen sich die Anzeichen für diese Situation unauslöschbar in unserem Gedächtnis ein. Unser Gedächtnis steuert in der wieder kehrenden Situation dann nicht nur unsere bewussten Gedanken, sondern auch unsere unbewussten Reaktionen - so auch die Schweißbildung. Gutes Beispiel: Das Wartezimmer beim Zahnarzt. Nirgendwo wird ähnlich viel Angstschweiß vergossen, obwohl eigentlich noch gar nichts passiert ist.
  2. Angstschweiß warnt andere Menschen in unserer Umgebung vor Gefahr. Jedes Kind weiß schon, dass Hunde Angstschweiß wahrnehmen können und entsprechend reagieren. Menschen können und tun das auch. Die Psychologin Prof. Dr. Bettina Pause von der Universität Düsseldorf untersuchte die Hirnaktivität von freiwilligen Versuchsteilnehmern mittels funktioneller Magnetresonanztomografie. Dabei mussten Ihre Probanden Schweißproben schnüffeln - die Hälfte davon waren in 'Angstschweiß' getränkt, die andere Hälfte in 'Anstrengungsschweiß'. Das Ergebnis: Angstschweiß aktivierte in viel stärkerem Maße Hirnregionen, die für soziale Emotionen wie Mitgefühl verantwortlich waren. Nimmt man also Angstschweiß wahr, kann man unmittelbar fühlen, dass etwas nicht stimmt und ist gewarnt. Das zeigt auch eine Studie der Psychologin Denise Chen von der University of Houston. Deren Versuchsteilnehmer sahen sich teils Horrorfilme an, teils Dokumentarfilme. Danach gab man Studenten die Schweißproben dieser Teilnehmer zum Schnüffeln und ließ sie Wortpaare auf ihre Zusammengehörigkeit hin beurteilen. Die Hälfte dieser Wortpaare bestand aus normaler Weise angstbesetzten Wörtern wie 'Tod' und 'Waffe'. Genau bei diesen Wörtern gelang die Zuordnung viel schneller, wenn die Studenten den Angstschweiß anderer Versuchsteilnehmer rochen. Durch den Schweiß waren sie also optimal auf die Erkennung von Gefahrensituationen vorbereitet.
Fazit: Angstschweiß ist eine natürliche und ursprünglich überlebenswichtige Reaktion unseres Körpers. Bevor man also den Schweiß mittels einschlägiger Präparate direkt unterdrückt, sollte man zunächst das Übel bei der Wurzel packen und sich fragen: Wovor habe ich eigentlich Angst? Was an dieser Angstsituation stört mich wirklich und was kann ich verhindern? Wie kann ich mich selbst ruhiger und unentspannter machen, damit erstens keine Angst und zweitens in der Folge kein Schweiß entsteht? Was auch immer uns zum Schwitzen bringt: Wir müssen es erkennen und bewältigen. Damit steigt auch unsere Lebensqualität.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Pause, B. M., Ohrt, A., Prehn, A., Sojka, B. & Ferstl, R. (2008). Chemosensory communication of anxiety. Journal of Psychophysiology.

Montag, 14. September 2009

So profitieren alle

In jeder Arbeitsgruppe gibt es von Zeit zu Zeit jemanden, der still und heimlich seinen eigenen Aufwand reduziert und trotzdem am Ende den geteilten Lohn für die Erfolge der Gruppe absahnt. Wie geht man als Führungskraft in der Regel mit so jemandem um? Richtig, man zitiert ihn zu sich und fragt, ob es einen triftigen Grund für das Faulenzen gibt. Falls nicht: man staucht ihn zusammen und droht ihm mit Rauswurf und schickt ihn so wieder motiviert an die Arbeit.

Die ökonomische Forschung der letzten Jahre gibt den Führungskräften recht: Kurzfristig steigern Bestrafen und Drohen die Performance von Mitarbeitern, die sich vorübergehend aus kooperativen Aufgaben heraushalten. Und damit auch die Performance der ganzen Arbeitsgruppe. Im Labor benutzt man zum Test solcher Szenarien das sogenannte 'public goods game' - ein experimentelles Setting, bei dem mehrere Teilnehmer individuelle Beiträge leisten können und am Ende gemeinsam dafür entlohnt werden. Wie so oft in der Realität.

Beispielsweise gibt man 4 Teilnehmern jeweils 20€ mit dem Hinweis, dass sie eine beliebige Menge des Geldes anonym in einen 'gemeinsamen Topf' werfen können. Man erklärt, dass die gemeinsam gespendete Menge vom Versuchsleiter verdoppelt und gleichmäßig unter den Teilnehmern verteilt wird. Spenden alle Teilnehmer den maximalen Betrag, verdoppeln sich am Ende somit die Einzelbeiträge jedes Teilnehmers - jeder erhält 80*2/4=40€. Angenommen, 3 Teilnehmer spenden 20€ und 1 Teilnehmer spendet gar nichts, so erzielt dieser Teilnehmer allein den maximalen Gewinn, nämlich: 60*2/4=30€ plus seine 20€, die er behalten hat. Macht 50€! Erfolgreich gefaulenzt. Die Gruppe allerdings hat insgesamt weniger Outcome.

Gibt man nun einem der Teilnehmer die (Führungs-)Macht, sich nachträglich die Einzelbeiträge zum gemeinsamen Topf anzusehen und die Faulenzer zu bestrafen, so zeigt das in der Regel Wirkung: Bei einem wiederholten Spiel bringen die bestraften Faulenzer genauso viel ein, wie alle übrigen Teilnehmer. Kurzfristig zeigt Bestrafung also positive Wirkung.

Langfristig allerdings scheint Belohnung für soziales Verhalten wirksamer zu sein. Der Psychologe David Rand von der Harvard University ließ seine Versuchsteilnehmer 50 Runden des Public Goods Game spielen und gab allen Gruppenmitgliedern die Macht, finanziell zu belohnen und zu bestrafen. Allerdings mussten sie ihr eigenes Budget dafür aufwenden. Das bedeutet, entweder mussten sie dafür zahlen, dass jemand bestraft wird, der nur einen geringen Beitrag geleistet hatte. Oder sie gaben etwas von ihrem eigenen Geld an jemanden ab, der einen besonders großen Beitrag geleistet hatte.

Dabei zeigte sich ganz deutlich: Gruppen, in denen überwiegend Belohnungen für prosoziales Verhalten (sprich: erhöhten persönlichen Einsatz) gegeben wurden, waren wesentlich erfolgreicher, gemessen am Gesamtbudget, das sie über 50 Runden erwirtschaftet hatten. Gruppen, in denen dauerhaft bestraft wurde, kamen mit wesentlich weniger Geld aus der Untersuchungssituation.

Das Fazit der Forscher um David Rand: Kurzfristig mag Bestrafung wirksam gegen Faulenzen sein. Langfristig allerdings sollte man - übrigens nicht nur in wirtschaftlichen Kontexten - erhöhten Arbeitsaufwand belohnen. So profitieren alle.



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Rand, D., Dreber, A., Elllingsen, T, Fudenberg, D., Nowak, M. (2009). Positive Interactions Promote Public Cooperation. Science, 2009

Freitag, 11. September 2009

"Der Rest ist Schweigen" - Kommunikation in der Partnerschaft optimieren

Schweigen muss nicht immer schlecht sein, wohl aber das öde Schweigen, das man häufig bei Paaren am Nachbartisch erlebt. Damit es bei Ihnen erst gar nicht so weit kommt, beziehungsweise damit Sie diesem Partnerschafts-Killer schon im Keim begegnen können: 7 bewährte Wege gegen das öde Schweigen und 3 Sichtweisen für das richtige, nämlich konstruktive Schweigen.

Teil 4 von 4
Wann Schweigen gut tut

  1. Schweigen genießen, wo es in Liebe vereint. Schweigen muss nicht immer öde sein. Denken Sie zum Beispiel an das schöne und verbindende Schweigen, wenn Sie gemeinsam etwas Ergreifendes erleben, wenn vor Ehrfurcht vor so viel Schönem der Atem stockt, wenn Sie vor Rührung beinahe weinen wollen. Denken Sie an das Gipfelerlebnis bei einer Bergwanderung oder an einen Sonnenuntergang am Meer.
  2. Gemeinsam träumen ist sozusagen die nächsthöhere Stufe. Die einen wollen regelrecht gemeinsam meditieren, andere genießen die Muße zu zweit, die dank der Phantasie das Gegenteil von Langeweile ist.
  3. Jeder macht etwas für sich, im selben Raum beziehungsweise unter demselben Dach (arbeiten, lesen etc.). Das Entscheidende: man nimmt unbewusst die "animalische Nähe" des anderen wahr, "spürt", er ist da. Das beruhigt und gibt Kraft. Dafür braucht es keine Worte.
Hier noch einmal die Links zu Teilen 1-3 unserer kleinen Serie über das Schweigen:
Teil 1 - Schweigen und Ich
Teil 2 - Gemeinsamkeit
Teil 3 - Kontakt


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Liebe & Lust. Der neue Weg zum Partnerglück. Mary Hahn Verlag

Donnerstag, 10. September 2009

Besser entscheiden mit Psychologie - I

Auf Grund der uralten Einsicht, dass nicht alles menschliche Verhalten rational ist und der Möglichkeit neuer Forschungsmethoden erlebte Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts die Verbindung von Psychologie und Wirtschaftswissenschaften eine Renaissance: Mit Hilfe der Tools der Verhaltensökonomie konnten Forscher nun weitaus besser als zuvor das (ir-)rationale Entscheidungsverhalten des Homo sapiens erklären und vorhersagen.

Bevor Sie sich nun wertvolle Tipps für bessere Entscheidungen abholen, sind Sie herzlich eingeladen, ein paar Zeilen zur Prospect Theory (siehe Beitrag vom 09.09.09) zu lesen. Obwohl die meisten Untersuchungen zur Prospect-Theorie aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, gilt die Theorie jedoch für alle Bereiche unseres Entscheidungs-Lebens. Zeit also, dass Sie ein paar dieser Fehler kennen lernen, um sie in Zukunft zu vermeiden. Ab jetzt können Sie gerne jeweils Donnerstags unsere kleine Serie 'Besser entscheiden mit Psychologie' nutzen. Viel Spaß beim Experimentieren mit den Ergebnissen der Verhaltensökonomik!


Teil 1: Die Ankerheuristik

Was schätzen Sie: Wieviel Geld gab die deutsche Automobilindustrie 2006 für Forschung und Entwicklung aus? Wir würden sagen: 28 Milliarden €. Jetzt sind Sie dran (ohne zu googeln ;-) !

Glauben Sie, unser 'Tipp' hat Ihre Entscheidung beeinflusst? Möglich, denn wenn wir diese Schätzaufgabe 100 zufällig ausgewählten Personen stellen, überschätzen diese im Mittel die Forschungsgelder der Automobilindustrie. Das liegt daran, dass wir eine fiktive Zahl genannt haben, die viel zu hoch ist (Der wahre Wert beträgt 12,4 Mrd. €, Statistisches Bundesamt). Hätten wir 'geschätzt', dass die Forschungsinvestitionen ca. 4 Mrd. € ausmachen, wäre der mittlere Schätzwert unserer Stichprobe weitaus niedriger ausgefallen.

Unsere 'Versuchspersonen' hätten nämlich die Ankerheuristik verwendet. Sie ist eine Daumenregel zur Entscheidungsfindung und wird meist unbewusst angewendet. Grundlage: Wir schaffen es in den seltensten Fällen, eine erste Information NICHT zu beachten und/oder NICHT zu verarbeiten. Anschließend lassen wir diese erste Information als Ausgangspunkt (= 'Anker') in unsere eigenen Überlegungen und Entscheidungen einfließen. Dies geschieht so subtil und unerkannt, dass es nur ein Mittel dagegen gibt: Objektive Daten.

Und es kommt noch besser: Die 'Information', die wir vorab erhalten, muss nicht einmal unbedingt etwas mit der Entscheidung zu tun haben! Ein beeindruckendes Beispiel: Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman gab Versuchsteilnehmern die Anweisung, die letzten vier Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer auswendig zu lernen. Anschließend ließ er sie die Anzahl der niedergelassenen Psychotherapeuten in New York schätzen. Witziges und zugleich erschütterndes Ergebnis: Die Sozialversicherungsnummer der Versuchsteilnehmer hatte einen Einfluss auf die geschätzte Anzahl der Therapeuten (Korrelation: r=0.4): Je 'niedriger' die letzten 4 Zahlen waren (z.B. '1352'), desto niedriger wurde auch die Therapeutenzahl geschätzt.

Noch einmal: Die einzige Chance, die Sie gegen die Ankerheuristik haben sind objektive Daten. Oder viele unabhängige (!) Meinungen.

Wird nächsten Donnerstag fortgesetzt!


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Mittwoch, 9. September 2009

Psychologische Begriffe: "Prospect Theory"

Bis in die späten 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war die wissenschaftliche Psychologie weitgehend darum bemüht, das Entscheidungsverhalten des Menschen rational zu erklären: Der Mensch als 'homo oeconomicus', der seine privaten, beruflichen, finanziellen und sozialen Entscheidungen an einem Kosten-Nutzen-Kalkül ausrichtet. Oder genauer: An einem "Erwartungs x Wert - Modell".

So einfach und schön diese Theorie sein mag, so ungenau spiegelt sie auch unsere komplexe Realität wieder. Und so beschäftigt sich die 'Verhaltensökonomik' - eine relativ junge Disziplin, die das Zusammenspiel von wirtschaftlichen und psychologischen Faktoren untersucht - heute vorwiegend mit zunächst 'irrationalem' Verhalten von Menschen und Märkten.

Die Rennaissance aller wissenschaftlichen Überlegungen zum 'homo irrationalis' wurde 1979 von den Psychologen Daniel Kahnemann und Amos Tversky angekurbelt. Sie veröffentlichten einen Artikel mit dem Titel "Prospect Theory: Decision Making under Risk". Mathematisch akribisch und experimentell evidenzbasiert legen die beiden späteren Nobelpreisträger darin wissenschaftliche Belege vor, dass das menschliche Entscheidungsverhalten einigen gut beschreibbaren Verzerrungen unterliegt.

Dabei geht es nicht um solche Entscheidungen, bei denen alle Informationen (Alternativen, Kosten, Nutzen) bekannt sind, sondern um die weitaus häufigeren Entscheidungen unter Risiken und Unsicherheit: Sollen wir unser Eigenkapital erhöhen? Soll ich nachgeben oder auf meinem Standpunkt beharren? Wie wirkt sich das Joint-Venture mit Firma X auf unseren Unternehmenserfolg aus? Kind oder Karriere? Noch ein Bier? Rote oder schwarze Schuhe?

Die Botschaft der Prospect-Theorie (für die es keine einheitliche dt. Übersetzung gibt - die gelungenste Übersetzung für 'Prospect' wäre wohl 'Wahrnehmungsperspektive') lautet: Menschen machen bei jeglichen Entscheidungen unter Unsicherheit systematisch Fehler, weil sie selbst ihre eigene Wahrnehmung verzerren und nach einfachen Daumenregeln vorgehen, die mal falsch und mal richtig sein können.

In wissenschaftlichen experimentellen Studien zur Prospect-Theorie werden zumeist wirtschaftliche Entscheidungsszenarien untersucht, weil dort relativ einfach und eindeutig Gewinne und Verluste quantifiziert werden können, welche die Folge unterschiedlicher Entscheidungsstrategien sind. Und selbst in diesen berechenbaren Szenarien wird klar: Bei den wenigsten Entscheidungen können wir alle möglichen Faktoren derart berücksichtigen, dass wir sicher sein können, die optimale Entscheidung getroffen zu haben. Allerdings: Wir machen teilweise krasse Fehler, die wir eigentlich vermeiden sollten (und können!).

Obwohl die meisten Untersuchungen zur Prospect-Theorie aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, gilt die Theorie jedoch für alle Bereiche unseres Entscheidungs-Lebens. Die Zeit ist also reif, dass Sie ein paar dieser Fehler kennen lernen, um sie in Zukunft zu vermeiden. Start: morgen. Ab jetzt können Sie gerne jeweils Donnerstags unsere kleine Serie 'Besser entscheiden mit Psychologie' nutzen. Viel Spaß beim Experimentieren mit den Ergebnissen der Verhaltensökonomik!


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Dienstag, 8. September 2009

Positive Erziehung überdauert Generationen

Der Einfluss einer positiven Erziehung wirkt sich über Generationen aus - zu diesem Ergebnis kommen der Psychologe Dr. David Kerr und seine Kollegen von der Oregon State University. Sie werteten Daten einer seit 1984 laufenden Langzeitstudie aus. Daran nahmen unter anderen 206 Jungen teil, die zu Beginn der Studie als "hoch risikobehaftet" für spätere Delinquenz bezeichnet wurden. Die Forscher untersuchten
  • Entwicklung,
  • Persönlichkeit und
  • erzieherisches Umfeld der Jungen,
die sich jährlich mit ihnen trafen. Als die Jungen älter wurden, gründeten sie ihre eigenen Familien und ihre Lebenspartnerinnen und Kinder nahmen ebenfalls an der Studie teil.

Ein positiver Erziehungsstil definiert sich laut Kerr vor allem aus
  • Wärme,
  • dem fürsorglichen Überwachen der Aktivitäten des Kindes sowie
  • mitfühlendem Verständnis und
  • einer konsistenten Disziplin (kein autoritäres Elternverhalten, aber klare und dem Kind verständliche Verhaltensregeln).
Kinder, die einen positiven Erziehungsstil genossen hatten, entwickelten mehr und tiefere Freundschaften mit anderen in ihrer Jugend.
Außerdem hatten sie bessere Noten und engagierten sich mehr in der Schule.
Und das Wichtigste: Sie hatten als Jugendliche mehr Selbstwertgefühl als diejenigen, die in ihrer Kindheit vernachlässigt oder bedroht worden waren.

Kerr nimmt deshalb an, dass "eine gute Erziehung nicht nur vor Selbstzweifeln und Delinquenz schützt. Sie führt vor allem dazu, dass man als Jugendlicher und junger Erwachsener mehr positive Verbindungen zu anderen Menschen aufbauen kann. Was sich wiederum darauf auswirkt, wie man sich mit Lebenspartnern versteht und wie man seine eigenen Kinder behandelt."


Die Forschung von Dr. Kerr und seinen Kollegen zeigt deutlich die Nachhaltigkeit von Erziehungsmaßnahmen: Wenn wir heute unseren Kindern mit Wohlwollen, Wärme und konsistenten Regeln begegnen, werden uns noch unsere Enkel dafür danken.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Oregon State University, Dpt. Psychology

Montag, 7. September 2009

Boreout-Syndrom - Krank vor lauter Langeweile

in Kooperation mit news.de


Zu viel Stress macht krank und kann zum Burnout-Syndrom führen. Doch auch zu wenig Anforderung und Langeweile im Job können das seelische Gleichgewicht ins Wanken bringen. Die Fachwelt spricht dann vom Boreout-Syndrom.

Das Boreout-Syndrom ist als Gegenstück zum Burnout-Syndrom zu verstehen. Die Symptome sind sich sehr ähnlich. Der Name leitet sich ab vom englischen Begriff «to bore», was so viel bedeutet wie «langweilen».

Der Mensch braucht ein angemessenes Maß an Abwechslung, Reizen und Herausforderungen, eben ein gesundes Maß an Stress, erklärt der Münchner Psychologe und Coach Dr. Stephan Lermer. Bekommt er zu viel davon oder zu wenig, dann kann dies zu Depressionen und anderen psychosomatischen Symptomen führen. So sei erwiesen, dass nach einem Passivurlaub, den man drei Wochen lang faulenzend am Pool verbringt, der Intelligenzquotient um 20 Punkte abfällt.

Arbeitnehmer, die an Boreout-Syndrom erkranken, fühlen sich durch Unterforderung gestresst.

Sie werden häufig als faul betrachtet, doch das ist nicht der Fall, betont Lermer. «Der will ja arbeiten», sagt der Glücksforscher, «bekommt aber nicht genügend herausfordernde Aufgaben.»

Freut sich der Betroffene im Büro anfangs noch über die wenige Arbeit und darüber, ungestraft im Internet surfen und anschließend in Ruhe Zeitung lesen zu können, wird ihm bald langweilig. «Doch kaum jemand gibt gerne zu, sich bei der Arbeit zu langweilen und im Umkehrschluss nicht gebraucht und somit nutzlos zu sein», sagt Lermer. Deshalb versuchen die Betroffenen anfangs, ihre fehlende Arbeit zu kaschieren. Etwa durch geschäftiges Tippen auf der Tastatur, sobald ein Kollege in der Nähe ist. Oder durch Verzögern der Aufgaben, die man längst hätte fertig haben können.

«Doch irgendwann kippt das um», sagt Lermer. Und zwar in Desinteresse. «Der Betroffene sieht sich dann als Opfer.» Etwa durch Fehler des Vorgesetzten oder der Geschäftsleitung. «Er merkt, dass ihm eine ganz wichtige Quelle an Anerkennung fehlt», erklärt Lermer den Mechanismus, der sich schnell zu einem Teufelskreis entwickelt.

Frauen finden schneller aus dem Teufelskreis

Dennoch werden die wenigsten Boreout-Betroffenen von sich aus aktiv und bitten ihre Vorgesetzten um neue oder herausfordernde Aufgaben. Grund dafür sei zum einen, dass in Deutschland Arbeit negativ besetzt ist und immer noch mit lästiger Maloche gleichgesetzt wird, ist Lermer überzeugt. Andererseits scheuen sich viele vor der Verantwortung, die eine größere Aufgabe mit sich bringen könnte. «Wer unterfordert ist, der kann auch nichts falsch machen und anschließend nicht schuld seien, wenn etwas schief läuft», so Lermer.

Hilfe und ein Erkennen der Problemursachen kommen meist erst von außen. Etwa von einem Hausarzt oder Psychologen, der wegen einer bereits vorhanden Depression aufgesucht wird. Oder von der Lebenspartnerin, die sich mit der Situation ihres Mannes auseinander setzt. Überhaupt sei das Boreout-Syndrom hauptsächlich ein Männerproblem. Frauen würden zumindest schneller wieder aus dem Teufelskreis herausfinden, vermutet Lermer. Grund: Sie kommunizieren ihre Probleme tendenziell viel stärker. «Aber Männer, die an Burn-Out leiden, erkennen dies ja auch nicht als Krankheit, sondern sehen darin, wie auch im Boreout, ein eigenes Versagen», gibt Lermer zu bedenken.

Ist die Ursache erkannt, lässt sich gegen die äußeren Umstände angehen, etwa durch ein Gespräch mit dem Vorgesetzten, dem Betriebsrat oder einer Vertrauensperson im Büro. Kehrt wieder Anerkennung durch gemeisterte Herausforderungen in den Berufsalltag ein, verbessert sich auch die Symptomatik. «Wir sind auf Herausforderung angelegt», so Lermer. «Bequemlichkeit ist kein Weg zum Glück.»

Text: news.de-Redakteurin Katharina Peter



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Freitag, 4. September 2009

"Der Rest ist Schweigen" - Kommunikation in der Partnerschaft optimieren

Schweigen muss nicht immer schlecht sein, wohl aber das öde Schweigen, das man häufig bei Paaren am Nachbartisch erlebt. Damit es bei Ihnen erst gar nicht so weit kommt, beziehungsweise damit Sie diesem Partnerschafts-Killer schon im Keim begegnen können: 7 bewährte Wege gegen das öde Schweigen und 3 Sichtweisen für das richtige, nämlich konstruktive Schweigen.

Teil 3 von 4
Zwei weitere Empfehlungen gegen das öde Schweigen - Kontakt!

  1. Ein Spiel spielen: Die psychologische Empfehlung, Aggressionen gegen den Partner - die in jedem schlummern - spielerisch auszutragen, hat oft einen sehr heilsamen Effekt. Zum Beispiel im Mensch-ärgere-dich-nicht "den Partner vom Brett zu fegen", ihn im Trivial Pursuit "zu schlagen" oder beim Monopoly "die Macht zu genießen", das befreit und führt zu Diskussionen. Selbst ein dadurch entzündeter Streit eröffnet die Chance, das "positive Streiten" einzuüben - durch das Tun. Und um Versöhnung feiern zu können, muss man sich nun mal vorher gestritten haben.
  2. Freunde einladen: Wenn Sie kurzfristig, zum Beispiel für heute Abend, Freunde einladen würden, kämen mehr, als Sie vielleicht annehmen. Gehen Sie ruhig von sich aus. Wenn Sie plötzlich einen Anruf bekommen, abends für ein paar Stunden zum Fondue, zum Grillen oder einfach nur so vorbei zu kommen, würden Sie sich freuen und versuchen dabei zu sein? Klar. Und genauso freuen sich auch die anderen über Ihren spontanen Vorschlag. Also nur Mut! Dieser Abend wird kein langweiliger Fernsehabend.
Wird forgesetzt!


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Lermer, Stephan. Liebe & Lust. Der neue Weg zum Partnerglück. Mary Hahn Verlag

Donnerstag, 3. September 2009

"Zwei Dinge zur selben Zeit zu tun heißt, nichts zu tun"

Das wusste Publilius Syrus schon über 2000 Jahre bevor wir am Steuer telefonierend den Verkehrsfunk abhörten und gleichzeitig unsere Kinder sanft darauf hinwiesen, endlich ruhig zu sein.

Ganz so dramatisch ist es zwar nicht, aber das viel beschworene Multitasking ist kürzlich wieder etwas in Frage gestellt worden - durchStudien der renommierten Professoren David Meyer von der University of Michigan und Marcel Just von der Carnegie Mellon University.

Professor Meyer ließ seine Studenten verschiedene Kopfrechen-Aufgaben bearbeiten. Für eine Zeit lang sollten sie dabei nur dividieren, danach kamen Multiplikationsaufgabem, anschließend Subtraktion und Addition. Zwischen diesen 'Blöcken', in denen jeweils nur eine Grundrechenart vorkam, befanden sich Serien von gemischten Aufgaben - das heißt, Meyer wechselte eine Zeit lang ständig die Aufgabenart (von Addition zu Division zu Subtraktion usw.). Bei diesen Wechseln brauchten die Studenten länger zur Lösung der Aufgaben: Durchschnittlich 1 Minute für 10 Multiplikationsaufgaben am Stück, aber 1 Minute und 20 Sekunden für gemischte Multiplikations- und Divisionsaufgaben von gleicher Schwierigkeit.

Interessant wurde es im zweiten Teil des Experiments: Professor Just benutzte fMRI (funktionelle Magnetresonanztomographie), um den Gehirnen seiner Probanden beim Arbeiten zuzusehen. Er zeigte ihnen komplizierte Sätze, während sie gleichzeitig geometrische Objekte mental rotieren lassen mussten - beispielsweise einen Würfel in Gedanken um mehrere Achsen drehen. Das Verstehen komplizierter Sätze und das Rotieren komplizierter Objekte beanspruchen verschiedene Hirnareale. Und so ging Just eigentlich davon aus, dass sich die beiden Aufgaben nicht gegenseitig behindern, oder zumindest: Jedes der beiden Hirnareale sollte härter arbeiten und insgesamt sollte die Anstrengung zunehmen.

Das überraschende Ergebnis: Die Hirnareale fürs Verstehen und Rotieren arbeiteten beide ineffizienter, wenn sie gemeinsam gebraucht wurden. Fazit: weniger Brainpower für jede einzelne Aufgabe bei Multitasking!

Die gute Nachricht: Multitasking ist trainierbar. Professor Meyer hat Trainingsstudien durchgeführt, die demonstrieren, dass man mit einiger Übung ein oder mehrere simultane Tätigkeiten soweit routinieren kann, dass weniger Ressourcen dafür notwendig sind. Meyer betont allerdings: "Man kommt relativ schnell an die Grenzen der Trainingseffekte." Sein Rat deshalb: "Wenn Sie es vermeiden können: Multitasken Sie nicht."


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Mittwoch, 2. September 2009

Psychologische Begriffe: "Aktives Zuhören"

Versuchen Sie folgendes Experiment: Lassen Sie sich von einem Menschen (den Sie nicht allzu gut kennen sollten) etwas erklären und hören Sie ihm dabei mit versteinerter Miene und ohne sich großartig zu bewegen zu. Geben Sie keine verbalen Rückmeldungen, wie 'ja', 'achso' oder 'hm'. Beobachten Sie die Reaktionen Ihres Gegenübers. Wie lange glauben Sie, wird das Gespräch dauern und was erwarten Sie, wird das Ergebnis des Gesprächs sein?

Ganz davon abgesehen, dass Sie es mit den Worten von Paul Watzlawick nicht schaffen werden, nicht zu kommunizieren: Das 'Gespräch' wird nicht länger dauern als bis zu dem Moment, in dem sich (oder Sie) Ihr Gegenüber ernsthaft fragt, was mit Ihnen los ist. Und ergebnislos verlaufen. Warum eigentlich?

Auch beim Zuhören kommunizieren wir. Ununterbrochen geben wir verbale und nonverbale Signale von uns, die unseren Gesprächspartnern zeigen: Wir sind bei ihnen, wir können (nicht) folgen, wir sind da ganz anderer Meinung, wir mögen sie (nicht). Unsere Gesprächspartner brauchen dieses Feedback, um mit uns kommunizieren zu können.

Aktives Zuhören bedeutet also 'kommunizieren, auch wenn man gerade nicht mit Reden an der Reihe ist." Vor allem geht es dabei darum, dem Gegenüber die eigenen emotionalen Reaktionen zu zeigen, damit er adäquat darauf reagieren kann. Das authentische Zeigen der eigenen Gefühle schafft automatisch Vertrauen - unser Gegenüber 'weiß, woran er ist.'

Natürlich ist Aktives Zuhören trainierbar. Im ersten Schritt sollte man sich einmal selbst beobachten während man kommuniziert. Legen Sie dabei Ihren Fokus auf Ihre Mimik, dann auf Ihre Hände, dann auf Ihre Körperhaltung und dann auf Ihr Blickverhalten. Beobachten SIe, wie sich Ihr Gesprächspartner verhält, wenn Sie bestimmte verbale oder nonverbale Rückmeldungen geben - also zum Beispiel einmal bewusst wegsehen, die Arme verschränken, nicken, ihm mit großen Augen folgen und so weiter.

Aktives Zuhören wurde erstmals vom Psychotherapeuten Carl Rogers systematisch beschrieben und eingesetzt. Er nennt außerdem 3 notwendige Voraussetzungen für gelungene Kommunikation:
  1. Empathische (einfühlende, mitfühlende) und offene Grundhaltung
  2. Authentisches Auftreten und kongruentes Auftreten (Sprache, Mimik, Gestik und Körperhaltung müssen dasselbe ausdrücken - nicht 'ja' sagen, Arme verschränken und Kopf schütteln)
  3. Akzeptanz und bedingungslose positive Betrachtung des anderen.
Neben diesen 3 Grundhaltungen und der nonverbalen Kommunikation ist natürlich auch wichtig, was Sie beim Aktiven Zuhören sagen: Sie können das Gespräch beim Aktiven Zuhören auch mit Ihren Äußerungen bewusst steuern. Hier zwei wichtige Tipps:
  1. Fragen Sie ab und zu an wichtigen Stellen nach. Wichtig wird es immer dann, wenn der Gesprächspartner Dinge besonders betont, seine Gestik ausladender wird, seine Mimik und sein Blick intensiver. Kleine Fragen, die Interesse signalisieren zeigen dem Gesprächspartner auch, dass Sie seine wichtigsten Anliegen verstehen (sie müssen sie deshalb noch nicht teilen!)
  2. Paraphrasieren Sie. Wiederholen Sie, in eigenen Worten und wenn Sie an der Reihe sind, die wichtigsten Punkte, die Ihr Gesprächspartner betont hat. Er wird sich automatisch verstanden und wertgeschätzt fühlen.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Dienstag, 1. September 2009

Monday, Monday?

Every other day, every other day,
Every other day of the week is fine, yeah
But whenever [Wednesday] comes, but whenever [Wednesday] comes
You can find me cryin' all of the time


Forscher der Universität Vermont wollen herausgefunden haben, dass der Mittwoch der unbeliebteste Wochentag ist - zumindest im Internet. Peter Dodds und Christopher Danforth hatten über vier Jahre 2,4 Millionen Blogeinträge untersucht, so die britische Tageszeitung "Daily Mail".

Die Mathematiker hatten dabei auf die Häufigkeit geachtet, mit der bestimmte Wörter verwendet wurden. So waren an Mittwochen die meisten negativen Wörter wie "Trauma", "Beerdigung" oder "Selbstmord", an Montagen hingegen hauptsächlich positive Wörter wie "erfolgreich", "Paradies" oder "Liebe" verwendet worden.

Die Erinnerung an das vergangene Wochenende mache den Montag zum zweitglücklichsten Tag der Woche, während der Sonntag angeblich der allerbeliebteste Wochentag ist.

Die Studie hat weiterhin festgestellt, dass in den letzten vier Jahren der 4. November 2008, der Tag an dem Barack Obama zum Präsidenten der USA gewählt worden war, der Glücklichste für Internetblogger war. Und dass die glücklichsten Internetnutzer zwischen 45 und 60 Jahren alt sind.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer