Freitag, 29. Mai 2009

Beziehungssprengstoff - Wie Männer richtig auf die falschen Fragen reagieren können

"Schatz -bin ich dick?" Tja, was sagt man darauf? Wenn die Partnerin solche und ähnliche Sachen fragt, stehen die Männer oft ganz schön dumm da. Denn die Wahrheit ist bei vielen Fragen nicht immer die beste Antwort. Jeweils zum Wochenende erklärt Dr. Stephan Lermer die größten Sprengstofffragen der Damen - und die besten möglichen Antworten der Herren. In Kooperation mit ZDF - Hallo Deutschland"


Teil 4: Zusammenfassung: Kleine Antwortstrategien mit großer positiver Wirkung

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gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Donnerstag, 28. Mai 2009

"Der Mensch trägt eine Sehnsucht in sich, das Leben beeinflussen zu können" - Die Papierkugel Gottes

Interview mit Dr. Stephan Lermer, Financial Times Deutschland




Es ist nur eine simple Papierkugel, wie sie so oft von Fußball-Fans in Richtung Rasen fliegt. Normalerweise sind die zusammengeknüllten Fetzen keine Erwähnung wert. Doch diese Papierkugel spielte ein bisschen Schicksal.

Die Kugel aus Papier löste besonders im Internet ein wahres Feuerwerk an Reaktionen und lustigen Angeboten auf Ebay aus - und Anhänger von Werder Bremen und dem Hamburger SV werden vielleicht noch in Jahren über sie sprechen.

Im UEFA-Cup-Halbfinale zwischen den beiden Nordrivalen HSV und Werder ließ die etwa faustgroße Kugel den Ball holpern, führte zur Ecke und leitete so das entscheidende Tor für Werder ein. Das Original wird bis 23.00 Uhr am 20. Mai, dem Abend des Endspiels zwischen Werder Bremen und Schachtjor Donezk, für einen guten Zweck versteigert.


Doch wieso provoziert ein einfaches Stück Papier, im Netz inzwischen auch als die «Papierkugel Gottes» bekannt, so viele Trittbrettfahrer? Wieso sorgt sie für so viel Gesprächsstoff?

Der Münchner Diplom-Psychologe Stephan Lermer sagt der Deutschen Presse-Agentur dpa, der Wirbel um die Kugel zeige, dass in den Menschen etwas lodere und sie unerfüllte Wünsche haben. «Der Mensch trägt eine Sehnsucht in sich, das Leben beeinflussen zu können.» Normalerweise könne er aber weder auf sein Leben noch auf ein Fußballspiel Einfluss nehmen. «Wenn jetzt Zufälle ein Schicksal auslösen, klinken sich die Menschen ein. Wenn plötzlich ein Zuschauer aus der Masse ein Tor mit auslösen kann, ist eine Sehnsucht erfüllt - wir können etwas bewegen.»

Zudem seien viele Geschehnisse in der Regel nicht zu erklären, die Papierkugel biete dagegen eine Erklärung, sagt Lermer. Von manchen HSV-Fans erhielt sie so die Rolle des Sündenbocks, einige Werder- Anhänger verehren sie dagegen als Kultobjekt. So stellen die Grün- Weißen auf der Internetseite WikiWorum - in Anlehnung an das Online- Lexikon Wikipedia - die Papierkugel als einen deutschen Fußballspieler vor, der zum Europapokal-Helden aufstieg. Beim Internet-Kurznachrichtendient Twitter hat die «Papierkugel» mehr als 370 Anhänger, beim Netzwerk Facebook gründete sich eine Fan-Gruppe.

Mit witzigen Sprüchen kommentieren Internetnutzer Videos der irren Szene auf der Plattform YouTube: «Das Papier stand doch im Abseits», schreibt ein Fußball-Fan. Und ein anderer scherzt: «Warum hat die Papierkugel eigentlich keine Gelbe Karte bekommen? Ach ne, sie hat ja nur den Ball gespielt.»

Zwölf Tage nach dem Halbfinale laufen beim Internet-Auktionshaus Ebay mehr als 30 Versteigerungen rund um das Corpus Delicti. Darunter sind Nachbildungen, die in den Vereinsfarben grün-weiß oder blau-weiß umhäkelt sind, grüne T-Shirts mit der Aufschrift «Mein Freund ist eine Papierkugel» oder Buttons mit «I love Papierkugeln» sowie «Die Papierkugel war schuld».

«Das ist eine kreative Leistung», erklärt Lermer, der das Münchner Institut für Persönlichkeit und Kommunikation leitet. Wenn einer eine freche Geste wage, gebe es immer Trittbrettfahrer. «Wenn man mit nichts Geld machen kann, macht es immer Spaß. Das ist aber mehr ein Gag, den man abends erzählen kann», sagt der Psychologe.

Die Trittbrettfahrer-Auktionen laufen ohne Erfolg. Mehr als 2400 Euro betrug Höchstgebot für das Original hingegen bereits am 19. Mai, das bei Ebay vom Fernsehsender Sat.1, der Zeitschrift «Sport-Bild» und dem Bundesligisten Werder Bremen zugunsten des Kinderhospizes Löwenherz in Syke bei Bremen versteigert wird. Bei Sat.1 heißt es, für eine simple Papierkugel sei die Summe «Wahnsinn».


Quelle: dpa, 19.05.2009 / © 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa


Mittwoch, 27. Mai 2009

Psychologische Begriffe: Reaktanz

Lesen Sie jetzt bitte nicht weiter. Sie werden manipuliert.

Schon geschehen.


Wir haben es Ihnen ja gesagt... Falls Sie sich jetzt auch nur leicht verärgert fühlen, bitten wir Sie um Entschuldigung. Selbstverständlich haben Sie - nur Sie allein! - die Freiheit, diesen Beitrag zu lesen oder es zu unterlassen.


Mit dem ersten Satz sollten wir in Ihnen 'Reaktanz' ausgelöst haben, wenn auch nur zu einem geringen Grad. Sie hatten sich soeben die Freiheit genommen, den Beitrag zu lesen und nun schränkt Sie jemand von vorneherein in dieser Freiheit ein, indem er Sie darauf hinweist, das doch bitte bleiben zu lassen. Die logische Folge: Sie werden noch motivierter sein, den Beitrag zu lesen, weil ES DOCH IHRE ENTSCHEIDUNG IST, UND SIE JETZT MACHEN, WAS SIE WOLLEN!!!

Nun ja.... Bereits 1966 formulierte Jack W. Brehm seine 'Reaktanztheorie', die eine der einflussreichsten Theorien der Sozialpsychologie werden sollte und bis heute Ihren Geltungsbereich, zum Beispiel in der Markt- und Werbepsychologie oder der Verkaufspsychologie hat.

Die Grundaussage der Theorie ist ganz einfach:
'Der Mensch ist motiviert, seine Freiheit zu erhalten.'

Wird diese Freiheit bedroht oder genommen entsteht Reaktanzmotivation - eben der Drang zur Freiheitswiederherstellung. Die Reaktanzfolgen können vielfältig sein:


In beinahe allen Fällen wird zum Beispiel die verbotene Tätigkeit oder Alternative attraktiver. Ein schönes Beispiel ist der sogenannte "Romeo-und-Julia-Effekt": Die Intervention der Eltern ('Was willst du denn mit DEM?') macht den Geliebten nur noch attraktiver (Der Reiz des Verbotenen).


Eine weitere Reaktanzfolge ist unmittelbare direkte oder indirekte Freiheitswiederherstellung. Direkte Freiheitswiederherstellung haben Sie gerade betrieben, indem Sie den Artikel trotz oder gerade wegen unserer Bitte weiter gelesen haben. Bereits im Kindergartenalter kann man direkte Freiheitswiederherstellung beobachten, wenn plötzlich aus einem Set von verschiedenfarbigen Autos das gelbe Fahrzeug an Attraktivität gewinnt, bloß weil Michi es sich zuerst geschnappt hat. Die Folge: Tommy fühlt sich in seiner Freiheit eingeschränkt, lässt alle anderen gleichwertigen Autos links liegen und überfällt Michi, um ihm das Auto zu entwenden. Das gelingt und nun ist natürlich Michis Freiheit eingeschränkt. Der Konflikt eskaliert.


Womit wir bei der letzten Reaktanzfolge sind: Der Aggression. Vielleicht haben Sie sich ein klein wenig über unseren Manipulationsversuch am Anfang des Beitrags geärgert. Selbst wenn diese geringe Reaktanzmanipulation keine Aggression hervorgerufen hat, kann man sich leicht vorstellen, dass Freiheitseinschränkungen zu Wut und Enttäuschung führen. So provoziert bei den G8-Gipfeln allein schon das 'Aussperren' der Demonstranten Aggression. Und Pannen bei der Übertragung von Fussballspielen führen mit großer Wahrscheinlichkeit zu Wutausbrüchen.


Im Alltag erliegen wir sehr oft den Reaktanzfolgen. Eine Ware zu kaufen, weil es 'nur noch wenige Exemplare' davon gibt oder unverhältnismäßige Zugeständnisse bei Vertragsverhandlungen zu machen, nur 'weil die Zeit drängt' (und nach Ablauf des Ultimatums keine Freiheit mehr bestünde) sind besonders auffällige Reaktanzsituationen. Aber schon kleine Dinge, wie die Entscheidung für den Film des Abends oder eben das Spielzeugauto können Reaktanzproblematiken auslösen.

Reaktanz ist oft nur schwer zu erkennen. Aller Anfang ist dabei eine verbesserte Selbsterkenntnis: Bewusstes Nachdenken über die Situation und die eigenen Gefühle, bevor man eine falsche oder übertriebene Entscheidung aus Reaktanz fällt.


Auch Reaktanz bei anderen nachträglich wieder zu reduzieren ist sehr schwer, wenn die Reaktanzmotivation einmal besteht: Die Freiheit muss völlig wiederhergestellt werden, und alle Alternativen müssen wie zu Beginn frei zugänglich sein! Mit dem dritten Absatz haben wir das bei Ihnen versucht. Ergründen Sie Ihre Gefühle: Fühlten Sie sich wirklich frei? Falls ja: Vielen Dank, dass Sie den Beitrag trotzdem bis zum Ende gelesen haben ;-)




gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Dienstag, 26. Mai 2009

Gesellige Menschen haben ein besser organisiertes Belohnungssystem

Eigentlich hatte er das so nicht erwartet.

Vor allem nicht so deutlich. Dr. Graham Murray von der renommierten University of Cambridge forscht über ernste psychische Erkrankungen. Er wollte nachweisen, dass Schizophrenie-Patienten und Autisten, die erhebliche Probleme bei sozialer Interaktion haben, in bestimmten Hirnregionen, die für Belohnung und das Empfinden von Glück mitverantwortlich sind, weniger Nervenzellen (Neuronen) haben als gesunde Menschen.


Dazu legte er zunächst gesunde Probanden in einen Magnetresonanztomografen (MRT) und vermaß deren "Belohnungssystem" - ein Verband von Nervenzellen, der sich von tief liegenden subkortikalen Hirnstrukturen zum Orbitofrontalen Kortex direkt über den Augen zieht. Vorab gab er ihnen einen Persönlichkeitsfragebogen, aus dem er ihre 'social reward dependence' berechnete - also die Tendenz, soziale Situationen aufzusuchen, die Fähigkeit, diese Situationen zu genießen und eine gewisse (positive, gesunde) Abhängigkeit vom Austausch mit anderen Menschen.


Das Ergebnis: Geselligere Menschen besaßen zum einen mehr Neuronen im Ventralen Striatum, von wo aus glücksstimulierende Botenstoffe gesendet werden. Zum anderen war die Neuronendichte auch im Orbitofrontalen Kortex bei den Kontaktfreudigen höher. Diese Unterschiede bestanden also bereits bei Gesunden, die sich einzig und allein in ihrer Kontaktfreudigkeit unterschieden. Ein weiteres Indiz dafür, dass soziale Interaktion und Kommunikation in einem engen Zusammenhang mit dem Empfinden von Glück stehen.


Murray ist allerdings vorsichtig bei der Interpretation seiner Ergebnisse. Er sieht vor allem zwei mögliche Schlussfolgerungen: Zum einen, dass Kontaktfreudigkeit und Interaktion das Belohnungssystem stärken und somit auf lange Zeit die Grundlage für eine Tendenz zum Glücklichsein schaffen. Zum anderen, dass gesellige und kontaktfreudige Menschen von Haus aus über ein weiter entwickeltes Belohnungssystem verfügen - dass es also eine Disposition zum Glück gibt.


Die Mehrzahl der existierenden psychologischen Untersuchungen spricht für die erste Hypothese. Allerdings kann die Zerstörung von Neuronen oder die Störung des Gleichgewichts von Botenstoffen im Gehirn - wie es zum Beispiel bei Depression oder Schizophrenie vorkommt - auf lange Sicht auch unser Belohnungssystem 'verkümmern' lassen.


Vermutlich sind beide Annahmen wahr. Um die Frage zu klären, sind letztlich wohl Langzeitstudien erforderlich. Und doch wird wieder einmal klar: Kommunikation und soziale Interaktion sind wichtige Schlüssel zum Glück.




gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Murray, GK et al. (2009). The Brain Structural Disposition to Social Interaction. European Journal of Neuroscience, published online 20 May 2009

Montag, 25. Mai 2009

Visionsmanagement = wichtigster Erfolgsfaktor

Wie wichtig Ziele und Vorstellungen für den eigenen Karriereerfolg sind, zeigt eine aktuelle Metaanalyse der Harvard University, die demnächst im Journal of Developmental Psychology veröffentlicht wird.

Die Studie belegt, dass die Vorstellung konkreter Lebens- und Berufsziele von Teenagern mehr zu deren Schulerfolg beiträgt als Hausaufgabenhilfe, Zwang oder Qualität der Lehre.

(Auf dem zweiten Platz hinter dem Visionsmanagement folgte übrigens der Transfer von Lernstrategien)

Die Analyse setzte am Beginn der Entwicklung konkreter Karrierepläne an: Im Jugendalter. Studien mit insgesamt über 50.000 14-16jährigen Schülern wurden mit einbezogen. Mit ca. 14 Jahren zeigen im menschlichen Gehirn diejenigen Gehirnareale einen Entwicklungssprung, die für analytisches Denken, Problemlösen, Planen und Entscheiden zuständig sind. Kindliche Träume und Wünsche von Beruf und Karriere können nun analysiert und logisch durchdacht werden.

Nancy E. Hill, Leiterin der Studie, stellt fest: "In diesem Alter beginnen sie [die Schüler] damit, Ziele, Überzeugungen und Motivationen zu internalisieren und all das zu ihrer eigenen Entscheidungsfindung zu benutzen." Im Erwachsenenalter setzen wir das fort, nur mit ungleich höherer Erfahrung.


Auch nach der Schulzeit hängen Karriere- und Unternehmenserfolg wesentlich davon ab, ob und welche Ziele und Visionen vorherrschen. "Advice about what to focus on helps students plan their long-term goals." resümiert Hill. Und die langfristigen Ziele wirken sich wiederum auf ihren Erfolg aus.


Ebenso verhält es sich im Unternehmen. Die Integration von persönlichen Visionen der Mitarbeiter mit einer anschaulichen Unternehmensvision ist vielleicht DER kritische Faktor für langfristigen Erfolg. Bindung an das Unternehmen, Arbeitsmotivation und wahrgenommener Gestaltungsspielrum steigen, Absentismus und Präsentismus gehen zurück. Effektive Kommunikation über Ziele und Visionen lohnt sich deshalb.


Voraussetzung für eine geungene Integration von Karriere- und Unternehmensvisionen sind theoretische Kenntnisse über Visionsmanagement, Kenntnis der Persönlichkeit der Mitarbeiter und praktisches Wissen über effektive Kommunikation.




gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer


Quelle: Hill, N.E. et al. (2009). Tying education to future goals may boost grades more than helping with homework. Eurekaalert, public-release-date: 19-May-2009; http://www.eurekalert.org/pub_releases/2009-05/apa-tet051909.php

Freitag, 22. Mai 2009

Beziehungssprengstoff - Wie Männer richtig auf die falschen Fragen reagieren können

"Schatz -bin ich dick?" Tja, was sagt man darauf? Wenn die Partnerin solche und ähnliche Sachen fragt, stehen die Männer oft ganz schön dumm dar. Denn die Wahrheit ist bei vielen Fragen nicht immer die beste Antwort. Jeweils zum Wochenende erklärt Dr. Stephan Lermer die größten Sprengstofffragen der Damen - und die besten möglichen Antworten der Herren. In Kooperation mit ZDF - Hallo Deutschland"


Teil 1: "Schatz, ab morgen mache ich Diät! Was denkst du?"

Beste Antwort: Bitte Video starten


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Mittwoch, 20. Mai 2009

Think Twice - Der Halo-Effekt

Politiker, Manager, Spitzensportler, Filmstars - sie alle nutzen den Halo-Effekt bis zum Äußersten aus. Bis sie uns ungewollt das Gegenteil beweisen. Und egal wie hoch man in der gesellschaftlichen Hierarchie aufgestiegen sein mag oder wie intellektuell-rational man denken mag - man unterliegt doch täglich dem wohl auffälligsten aller Wahrnehmungsfehler.

1974 designte der damals weltberühmte Psychologe Richard Nisbett eine Serie von Experimenten, mit denen er wissenschaftlich belegen konnte, was 1920 schon Edward Lee Thorndike vermutet hatte: Bei der Beurteilung unserer Mitmenschen greifen wir uns - oft unbewusst, aber systematisch - eine Eigenschaft oder einen allgemeinen Eindruck heraus. Diese von uns gewählte Eigenschaft 'überstrahlt' dann andere Eigenschaften der Beurteilten und führt unmittelbar zu einem Gesamturteil über eine Person. Alle anderen Eigenschaften werden sozusagen 'im Lichte' der von uns gewählten zentralen Eigenschaft bewertet.
Faszinierend dabei: Obwohl sich die meisten Menschen auch ohne explizites psychologisches Hintergrundwissen dieses Effekts bewusst sind, können sie sich nur sehr schwer dagegen wehren. Die berühmte 'rosarote Brille' im Zustand der Verliebtheit ist ein Beispiel dafür: Wer gut aussieht, wird oft auch als liebevoller, charmanter und verständnisvoller angesehen - Eigenschaften, die völlig unabhängig voneinander sind.

Richard Nisbett zeigte nun, wie verblüffend stark der Halo-Effekt ist. In seinen Experimenten teilte er Versuchspersonen in zwei Gruppen ein. Beiden Gruppen zeigte er ein fiktives Bewerbungsvideo eines neuen Professors (unter anderem mit belgischem Akzent -das ist relevant!). Die Studenten sollten mit Hilfe eines Evaluationsbogens den neuen Dozenten nach verschiedenen Gesichtspunkten beurteilen - Unter anderem Aussehen, Akzent und Verhalten. Der Clou dabei: Beide Gruppen sahen dieselbe Person, die dem Interviewer dieselben Antworten gab und sich gleich verhielt. Mit einem einzigen Unterschied: in der einen Bedingung gab der Dozent die Antworten in einer warmherzigen Art, im anderen Video wirkte er kalt und distanziert. Diese Eigenschaft wurde allerdings im Beurteilungsbogen nicht direkt berücksichtigt.


Das erste Ergebnis bestätigte den Halo-Effekt: Der 'warmherzige' Dozent wurde in allen Punkten (selbst bei der Beurteilung des Akzents!) besser eingeschätzt als sein distanziertes Alter Ego.
Doch das zweite Ergebnis war noch beeindruckender: Nach der Studie wurden alle Studenten darüber informiert, dass ihre Beurteilung der Eigenschaften des Dozenten wahrscheinlich von der zentralen Eigenschaft warmherzig vs. distanziert abhängt.

Die Studenten wurden danach einzeln befragt, ob das bei ihnen der Fall gewesen wäre. 'Nein, nicht bei mir! Ich habe mich nicht beeinflussen lassen!' war die beinahe einhellige Meinung.
Alle waren zudem davon überzeugt, dass sie die globale Einschätzung des Dozenten nicht von der zentralen Eigenschaft abhängig gemacht hatten, sondern ausschließlich von den Kriterien, die im Beurteilungsbogen aufgeführt waren.

Woher kam dann aber die bessere Beurteilung für den warmherzigen Dozenten?
Besonders bei der Leistungsbeurteilung stellt der Halo-Effekt eine zentrale Fehlerquelle dar. Aber auch im Alltag lohnt es sich für jeden von uns, ab und zu noch einmal genauer hinzuschauen, bevor wir jemanden beurteilen.



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Dienstag, 19. Mai 2009

Der Soundtrack des Gehirns

Warum Menschen eigentlich Musik mögen, ist eines der großen Rätsel der evolutionären Psychologie. Viel spannender als die Frage nach dem Warum? ist aber eigentlich die Frage: Wozu?

Beinahe jeder Mensch liebt Musik. Welche Art von Musik wir wann mögen, hängt dabei wesentlich von unserer Stimmung ab. Andererseits ist es auch erwiesen, dass Musik Stimmungen induzieren kann: Bei ruhiger Musik entspannen wir, bei einem Allegro werden wir aktiv. Mittels EEG (Elektroenzephalogramm), mit dem Gehirnströme quasi in 'Echtzeit' gemessen werden, kann man seit einigen Jahren diese stimmungsinduzierende Wirkung auch neurophysiologisch nachweisen: Die Wellenmuster des Gehirns verändern sich unter dem Einfluss von Musik!

Wissenschaftler vom Science & Technology Directorate des US-Department of Homeland Security gehen nun noch einen Schritt weiter und behaupten: 'Jedes Gehirn hat seinen eigenen Soundtrack.' Tempo und Melodie variieren dabei in Abhängigkeit der Stimmung, der Tätigkeit und dem Aufbau des Gehirns selbst.

Das Erstaunliche: Diesen Soundtrack kann man in bestimmten Stimmungen aufzeichnen, in musikalische Signale übersetzen und wieder abspielen, um damit wiederum die gleichen Stimmungen zu induzieren: Das entstandene Biofeedback könnte zum Beispiel in naher Zukunft bei der Therapie von depressiven Erkrankungen genutzt werden. Oder man könnte den optimalen 'Alarm-Soundtrack' eines Feuerwehrmannes aufnehmen und ihn in entsprechenden Krisensituationen wieder abspielen (falls er ihn dann noch braucht).

Darüber hinaus hat jedes Gehirn einen Ruhe-Track, der bei völliger Entspannung entsteht und laut den Wissenschaftlern zur Entspannungsinduktion genutzt werden kann.

Ein Beispiel für eine solche "Gehirnkomposition" finden Sie unter folgendem Link:

Hörprobe Brainmusic Active

Der große Nutzen von Musik scheint also tatsächlich darin zu bestehen, uns in Stimmungen und Zustände zu versetzen, die optimales Verhalten bewirken. Evolutionäre Psychologen vermuten, dass sich die Liebe zur Musik gleichzeitig mit der Sprache entwickelte, weil beide in etwa dieselben Hirnregionen beanspruchen.

So gesehen wäre die Evolution der Musik ein Nebenprodukt der für die menschliche Spezies so wichtigen Sprachentwicklung. Womit auch die Frage nach der schönsten Nebensache der Welt endgültig geklärt wäre.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: http://hsdailywire.com/single.php?id=7859

Montag, 18. Mai 2009

Burnout-Behandlungskosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten absetzbar

Immer wieder sind wir erstaunt, dass die nur wenige Besucher unserer Praxis von dieser Möglichkeit wissen: Behandlungskosten für berufsbedingte Krankheiten, die die Versicherung nicht trägt, können von steuerpflichtigen Personen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden - und zwar ab dem ersten Euro.

Dazu gehören zum Beispiel auch berufsbedingte psychosomatische Krankheiten wie Rücken- und Kopfschmerzen, die in unserer Praxis erfolgreich und nichtinvasiv mit Entspannungstechniken kuriert werden. Oder chronische Magen-/Darmprobleme, die Symptome einer tiefer liegenden psychischen Problematik (zum Beispiel einer depressiven Verstimmung) sind. Oder ein Burnout-Syndrom infolge massiver Belastung am Arbeitsplatz.

Der Bund der Steuerzahler in Bayern BdSt weist ausdrücklich darauf hin, dass Krankheitskosten als Betriebsausgaben bzw. Werbekosten zu steuerlich relevanten Verlusten führen können, die auch noch in Folgejahren ausgeglichen werden können. Der Bundesfinanzhof führt aus: Krankheitskosten können Betriebsausgaben bzw. Werbekosten sein, wenn die Aufwendungen zur Heilung oder zur Vorbeugung von Krankheiten entstanden sind, die durch den Beruf bedingt sind. Dies kann beispielsweise bei typischen Berufskrankheiten oder durch einen betrieblich bedingten Unfall der Fall sein (BFH v. 17.7.1992, Az.: VI R 96/88 v. 28.11.1977 GrS 2-3/77)

Damit trägt der Fiskus der zunehmenden Dominanz von Leistungsdruck und Geschwindigkeit in unserer Gesellschaft Rechnung. Psychosomatische Beschwerden und Burnout infolge zu hoher Belastungen am Arbeitsplatz haben in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Behandlungskosten für Depression und Burnout, sowie Folgekosten dieser Krankheiten auf Grund von Absentismus und Präsentismus (siehe unser Blog-Beitrag vom 23.3.09) sind derart explodiert, dass nun immer mehr die Prävention dieser Leiden in den Fokus rückt. Noch stecken allerdings betriebliche präventive Maßnahmen in den Kinderschuhen.



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Freitag, 15. Mai 2009

Beziehungssprengstoff - Wie Männer richtig auf die falschen Fragen reagieren können

"Schatz -bin ich dick?" Tja, was sagt man darauf? Wenn die Partnerin solche und ähnliche Sachen fragt, stehen die Männer oft ganz schön dumm dar. Denn die Wahrheit ist bei vielen Fragen nicht immer die beste Antwort. Jeweils zum Wochenende erklärt Dr. Stephan Lermer die größten Sprengstofffragen der Damen - und die besten möglichen Antworten der Herren. In Kooperation mit ZDF - Hallo Deutschland"


Teil 1: "Schatz, was soll ich anziehen? Ich passe ja in gar nichts mehr rein!!!"

Antwort: Bitte Video starten.








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Donnerstag, 14. Mai 2009

Gehorsam! - eine aufrüttelnde Replikation des "Milgram-Experiments"

Eine neue Studie zeigt wieder einmal die (Ohn-)Macht blinden Gehorsams.

Würden Sie jemanden bis zum Tode quälen, nur weil es ihnen ein anderer befiehlt? NATÜRLICH NICHT! Oder?


Dass Autorität oft blinden Gehorsam auslöst, ist eine hässliche, uralte Wahrheit. Besonders schockierend wurde diese Wahrheit bereits in den 60er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts von dem Psychologen Stanley Milgram belegt. Er setzte sich mit der Frage auseinander, weshalb so viele Menschen im nationalsozialistischen Deutschland des zweiten Weltkriegs zu solch grausamen Taten fähig waren.


Dazu designte er ein Experiment, das er ursprünglich in Deutschland durchführen wollte, um seine Hypothese zu bestätigen, die Nazis seien im besonderen Maße zu Grausamkeiten fähig. Doch zunächst führte er eine Vorstudie in den USA durch. Die Ergebnisse dieser Vorstudie waren auch für ihn so schockierend, dass er sich die Reise nach Deutschland sparte.

Warum? In einer Ausschreibung zur Vorstudie deklarierte er das Experiment als "Lernspiel". Freiwillige Versuchspersonen mussten dabei vermeintlichen Schülern (in Wahrheit Schauspielern) Fragen stellen und sie nach jeder falschen Antwort mittels sukzessive stärker werdenden Elektroschocks bestrafen. Der anwesende Versuchsleiter beharrte auf der ordnungsgemäßen Durchführung des Lernspiels.


Und obwohl der Versuchsleiter keinerlei körperlichen Zwang anwandte und ein Abbruch des Experimentes für die Probanden keine nachteiligen Folgen gehabt hätte, gingen 65% der Versuchspersonen bis zur Verabreichung von tödlichen Stromschlägen (bis zu 450V). Fast niemand hörte bei der gesundheitsgefährdenden Grenze von 150V auf. Jedem war bewusst, dass er zu jedem Zeitpunkt die Chance hatte, das Experiment abzubrechen. Die Teilnehmer zeigten dabei Anzeichen extremer innerer Anspannung.


Obwohl Milgram - vermutlich wegen der offensichtlichen Eindeutigkeit und der generellen Gültigkeit der Ergebnisse - selbst keine Studie in Deutschland durchgeführt hat, wurde das Experiment später am Max-Planck-Institut in München repliziert. Über die deutsche Studie existiert ein Dokumentarfilm: "Abraham - ein Versuch" (Regie: Hans Lechleitner)

Ist das heute wiederholbar? NATÜRLICH NICHT! Oder?

Jerry M. Burger von der Santa Clara University hat nun das Experiment, unter Berücksichtigung einiger ethischer Gesichtspunkte, wiederholt. Seine Versuchspersonen befanden sich während der Studie unter psychologischer Betreuung und die Höchstgrenze der (gespielten) Schockintensität wurde von 450V auf 150V herabgesetzt.
Das Ergebnis ist genauso erschreckend wie vor 40 Jahren: Burgers Studie zeigt, dass auch heute die Menschen blinden Gehorsam im Beisein von Autoritäten leisten: 70% der Versuchspersonen überschritten die 150V-Grenze. Auch in seinem Experiment gaben die Teilnehmer an, dass sie die Situation schrecklich und extrem belastend empfanden. Aber sie teilten aus.

Nützt es also nichts, den Menschen durch Bildung, Erziehung und Aufklärung zu vermitteln, ihren eigenen Verstand zu benutzen und die Menschenrechte zu wahren? Sind grausame Taten und blinder Gehorsam letztlich sogar ein Erbe unserer Evolution und damit genetisch in uns verankert?
Ja, sagt die ernüchterte Forschungsgemeinde.

Und betont aber auch: In allen Zeiten und allen derartigen Experimenten gab es Menschen, die es geschafft haben. Die ihren gesunden Menschenverstand benutzt haben und die Studie aus freiem Willen und trotz der anwesenden Autoritäten abbrachen.


Offensichtlich ist die Neigung, Autoritäten Gehorsam zu leisten, individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Und offensichtlich sind wir nicht nur unseren Genen ausgeliefert und zum Gehorsam verdammt. Sondern zu eigenen Entscheidungen fähig, die auf moralisch-ethischen Überlegungen beruhen.
Bewusst eigene Entscheidungen zu treffen, die das Wohl anderer genauso wie das eigene Wohl berücksichtigen, fordert allerdings einen lebenslangen Lernprozess.




gepostet i.A. von Dr.Stephan Lermer

Quelle: Burger, J.M. (2009). Replicating Milgram. Would People Still Obey Today? www.apa.org/journals/releases/amp641-1.pdf

Mittwoch, 13. Mai 2009

Psychologische Begriffe: Ihre Erklärung, ihr Nutzen für Sie

"Da fehlt doch noch etwas...!" - DER ZEIGARNIK-EFFEKT


Der Kreis "drängt" zur Abgeschlossenheit. Fast zwangsläufig fällt unser Blick auf die Lücke. Innerlich versuchen wir, "den Kreis zu schließen" - uns vorzustellen, wie er wohl vollständig aussieht. Ein ganz normales psychologisches Phänomen. Mit großen Auswirkungen.

Die russische Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik untersuchte bereits 1927 die Nachwirkungen von unabgeschlossenen Handlungen. Ihr folgenreichstes Ergebnis: Unabgeschlossene Handlungen werden besser erinnert als abgeschlossene Handlungen!

In ihren Experimenten gab sie ihren Versuchspersonen viele kleine Aufgaben. Dann unterbrach sie die Hälfte ihrer Versuchspersonen bei der Erledigung der Aufgaben. Die andere Hälfte durfte die Aufgaben abschließen. Nach einiger Zeit befragte sie beide Gruppen, an wie viele Aufgaben sie sich jeweils erinnerten. Und obwohl sie sich für kürzere Zeit mit den Aufgaben beschäftigt hatten, erinnerten sich diejenigen weitaus besser, die die Aufgaben nicht abgeschlossen hatten!

Damit wurde experimentell gezeigt, was Sigmund Freud schon 1901 intuitiv behauptet hatte: Unerfüllte Wünsche und nicht realisierte Handlungen bleiben mit Macht im Gedächtnis zurück. Sie melden sich, stärker noch als unsere abgeschlossenen Erlebnisse, zurück. Sei es im Traum, bei freien Assoziationen oder bei den sogenannten 'Freud´schen Versprechern'. Kurz: Sie beschäftigen uns weiter.

Zeigarnik erklärte diesen Effekt mit der Feldtheorie Kurt Lewins, die damals sehr populär war (und wesentlich wissenschaftlicher als Freud) und heute wieder eine Renaissance erlebt. In ihr wird menschliches Verhalten als das Produkt von wechselseitigen Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt beschrieben.

Auf Grund dieser sich ständig ändernden Beziehungen ist menschliches Verhalten dynamisch. Es existieren zu jedem Zeitpunkt Spannungen zwischen verschiedenen Person- und Umweltbereichen, die uns zu Handlungen oder Gedanken verleiten. Diese Spannungen aüßern sich uns als Bedürfnisse.

Der von Bljuma Wulfowna Zeigarnik entdeckte Zusammenhang zwischen Bedürfnissen, unabgeschlossenen Handlungen und der Macht der Erinnerung ist als "Zeigarnik-Effekt" bekannt geworden.

Wir unterliegen diesem Effekt täglich, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Auch ein Grund dafür, dass wir uns ab und zu Zeit nehmen sollten, uns unserer Bedürfnisse und Wünsche bewusst zu werden. Was beschäftigt Sie? Was sind Ihre unabgeschlossenen Handlungen? Wie sieht Ihre persönliche Bedürfnispalette aus?

Was können Sie tun?



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Dienstag, 12. Mai 2009

Produktive Tagträume

Sich seinen Tagträumen hingeben, die Gedanken schweifen lassen - diese allzu menschlichen Verhaltensweisen gelten im Allgemeinen als unproduktiv und haben damit zumindest in der deutschen Kultur ein negatives Image.

Einen Beleg dafür, dass sich die Dinge ganz anders verhalten, liefert jetzt eine Untersuchung der University of Columbia. Studenten sollten dort langweilige Routineaufgaben bearbeiten, während ihre Hirnaktivität im Kernspintomographen überwacht wurde. Gleichzeitig wurde ihr Aufmerksamkeitsniveau gemessen, so dass Perioden von konzentrierter Aufgabenfokussierung und gelangweilten Gedankenschweifens voneinander abgegrenzt werden konnten.

Aufgabenfokussiertes Problemlösen und gelangweiltes Bearbeiten von Routineaufgaben beanspruchen unterschiedliche Netzwerke von Nervenzellen im Gehirn. So kann man ein "exekutives Netzwerk", das für aktive Problemlöseprozesse verantwortlich ist, unterscheiden von einem "default Netzwerk", das bei Routineaufgaben eine Art gleichmäßige Überwachungsaufgabe übernimmt.

Die Forscher um Prof. Kalina Christoff fanden nun Erstaunliches: Gerade wenn ihre studentischen Versuchspersonen ihre Aufmerksamkeit von der langweiligen Routineaufgabe abzogen und anfingen, ihre "Gedanken wandern zu lassen", wurde das exekutive Netzwerk - zusätzlich - zum Routine-Netzwerk aktiv.

Diese gleichzeitige Aktivierung der beiden Netzwerke wurde bisher ausschließlich beim Tagträumen beobachtet. Faszinierend ist dabei auch, dass während der Tagträume gerade das Netzwerk für komplexes Problemlösen aktiv wird. Prof. Christoff fasst das erstaunliche Ergebnis zusammen: "Die Studie zeigt, dass unsere Gehirne beim Tagträumen viel aktiver sind, als wenn wir uns auf die Routineaufgaben selbst konzentrieren."

Offensichtlich lösen wir also also beim Tagträumen dringendere Probleme als die unmittelbar vorliegenden täglichen Routineaufgaben - möglicher Weise auch unbewusst. Prof. Christoff: "Beim Tagträumen erreichen Sie vielleicht nicht ihr unmittelbar vorliegendes Ziel - zum Beispiel ein Buch lesen oder im Unterricht aufpassen - aber es kann sein, dass Ihr Gehirn sich diese Zeit nimmt, um sich mit wichtigeren und weitaus komplexeren Fragen zu beschäftigen, wie mit persönlichen Beziehungen oder der eigenen Karriereplanung."

Die Untersuchung liefert auch einen Hinweis darauf, warum die besten Ideen und Entscheidungen gerade in den Momenten entstehen, wenn scheinbar "über nichts besonderes nachgedacht" wird (wir berichteten im Blog-Beitrag vom 6.5.09).


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer


Quelle: Christoff, K. et al. (2009). Experience sampling during fMRI reveals default network and executive system contributions to mind wandering. PNAS doi:10.1073/pnas.0900234106



Montag, 11. Mai 2009

Bescheidenheit ist eine Zier...

...doch weiter kommt man ohne ihr? Weit gefehlt. Bescheidenheit wirkt.

Das belegen Prof. Blickle und seine Kollegen von der Universität Bonn in einer aktuellen Studie über Mentoring, Networking und Karriereerfolg.
Sie befragten mehr als 300 Young Professionals über 3 Jahre hinweg hinsichtlich ihrer Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten, Persönlichkeitseigenschaften und Auftreten sowie der Rolle von Mentoren innerhalb ihres Unternehmens. Außerdem erhoben sie den Karriereerfolg, sowohl aus der Sicht der Berufseinsteiger (Arbeitszufriedenheit und subjektive Karrierechancen), als auch mit objektiven Kriterien (Gehalt und erreichte Position).

Das Ergebnis: Die eher bescheidenen Berufseinsteiger fanden leichter einen Mentor im Unternehmen als die lauten Selbstdarsteller. Mentoring wiederum war noch vor dem Networking der stärkste Karrierefaktor. Kein Wunder also, dass die Bescheidenen letztlich zufriedener mit der eigenen Karriere waren und zudem auch über höheres Enkommen und einen höheren Status zum Ende der Untersuchung verfügten.


Allerdings wirkt sich Bescheidenheit nur im Zusammenhang mit guten Leistungen so extrem förderlich auf die Karriere aus.

Und noch einen Punkt betonen die Autoren: Obwohl Mentoring der wichtigste Karrierefaktor ist,
steht das Networking doch an zweiter Stelle. Bescheidenheit sollte also nicht mit Zurückhaltung verwechselt werden! Die Kombination von Aktivität, Extraversion, Offenheit und Bescheidenheit bezüglich eigener Leistung ist das Rezept für eine erfolgreiche Karriere.



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Blickle, G., Witzki, A., Schneider, P. (2009). Mentoring support and power: A three-year predictive field study on protégé networking and career success. Journal of Vocational Behavior, 74 (2), pp. 181-189

Freitag, 8. Mai 2009

Beziehungssprengstoff - Wie Männer richtig auf die falschen Fragen reagieren können

"Schatz -bin ich dick?" Tja, was sagt man darauf? Wenn die Partnerin solche und ähnliche Sachen fragt, stehen die Männer oft ganz schön dumm dar. Denn die Wahrheit ist bei vielen Fragen nicht immer die beste Antwort. Jeweils zum Wochenende erklärt Dr. Stephan Lermer die größten Sprengstofffragen der Damen - und die besten möglichen Antworten der Herren. In Kooperation mit ZDF - Hallo Deutschland"


Teil 1: "Schatz, findest du mich eigentlich zu dick?"

Antwort: Bitte auf Video klicken.

Donnerstag, 7. Mai 2009

Great Job!

Warum fühlen wir uns stolz, wenn wir etwas gut gemacht haben? Welche Funktion erfüllt Stolz? Und warum ist Stolz, genauso wie Dankbarkeit und Liebe, ein Schlüssel zum Glück?

Stolz ist eine ambivalente Emotion. Als kurzfristige Reaktion auf etwas, das besonders gut gelungen ist, wird Stolz selbst hierzulande von den Mitmenschen weithin akzeptiert. Eine bestandene Abschlussprüfung, ein Tor in letzter Minute, ein erfolgreicher Geschäftsabschluss - darauf kann und darf man stolz sein. Stolz als Persönlichkeitseigenschaft wird allerdings vom Umfeld eher negativ eingeschätzt - und als Arroganz, Hochmut oder Dünkel bezeichnet.

Dass Stolz immer mit einem kurzfristigen Hochgefühl einhergeht und dieses positive Gefühl auch ansteckend auf andere Menschen wirken kann, haben Sie sicher schon einmal erlebt. Und auch, dass mit Stolz auch eine erhöhte Selbstwirksamkeitserwartung kommt - das Gefühl, mit seinen eigenen Mitteln und Fähigkeiten noch mehr zu schaffen. Und genau das sind Funktionen des Stolzes: Selbstwirksamkeit zu steigern und gleichzeitig den anderen zu zeigen, dass man etwas kann, dass etwas geht. Fühlt man ehrlichen, aufrichtigen Stolz, gibt man in der Regel anderen Menschen die Chance, sich zu identifizieren: Sie freuen sich mit.

Die Annahme liegt nahe, dass sich Stolz auch positiv auf die Performance Einzelner (durch die erhöhte Selbstwirksamkeit) und die Leistung von Gruppen (durch die 'Gefühlsansteckung') auswirkt. In der Tat zeigen Experimente der Northeastern Universitiy in Boston, dass Stolz zu besseren Leistungen und mehr Durchhaltevermögen führt.

Eine nützliche Emotion, die das Potential hat, das soziale Umfeld positiv zu verändern. Und zudem auch vom sozialen Umfeld leicht zu provozieren ist: Durch ehrlich gemeintes, wohlwollendes Lob.

Die Experimente der Northeastern University zeigen: Stolze Mitarbeiter sind in der Regel leistungsfähigere und leistungswilligere Mitarbeiter.


Great Job! Weiter so.



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Williams, LA, Desteno, D (2008). Pride and Perseverance: The motivational role of pride. Jounal of Personality and Social Psychology, 94, pp. 1007-1017

Mittwoch, 6. Mai 2009

"Entscheide mit heißem Herzen und kühlem Verstand"

Wann hatten Sie zum letzten Mal eine Idee über Nacht im Schlaf? Kam es schon einmal vor, dass Sie wirklich wichtige Entschlüsse morgens unter der Dusche oder Abends ganz entspannt bei einem Glas Wein getroffen haben, ohne dass Sie unmittelbar zuvor an das relevante Problem gedacht hatten? Waren diese Ideen fruchtbar und die damit verbundenen Entscheidungen letztlich richtig? Ist der oft gehörte Rat: "Schlaf eine Nacht darüber, dann entscheide dich!" nun richtig oder falsch?

Die meisten Menschen bevorzugen es in vielen Situationen, sich vor wichtigen Entscheidungen abzulenken und sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Doch steigt mit der sogenannten 'Inkubationszeit', einer Periode der Ablenkung und des Sich-setzen-Lassens von Informationen, auch die Entscheidungsqualität?

Davy Lerouge und seine Kollegen von der Universität Tilburg (Niederlande) sind der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen eine kurzfristige Beschäftigung mit anderen Dingen zu besseren finanziellen Entscheidungen führt. Sie untersuchten insbesondere solche Entscheidungen, bei denen viele Informationen berücksichtigt werden müssen - wie es etwa bei strategischen ökonomischen und politischen Entscheidungen vorkommt. Oder auch bei wichtigen privaten Entscheidungen, zum Beispiel für ein neues Auto oder ein Haus.

In einer ihrer Studien sollten die Teilnehmer sich für ein Produkt aus einem Set ähnlicher Produkte entscheiden. Die eine Hälfte der Probanden bekam dabei die Instruktion, sich nur auf den Gesamteindruck der Produkte zu verlassen, während die andere Hälfte die Anweisung bekam, jede einzelne Produktinformation zu überdenken und bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Danach wurden die beiden Gruppen nochmals geteilt. Je die Hälfte der Versuchspersonen aus den Gruppen bearbeitete eine Zeit lang ablenkende Aufgaben, während die andere Hälfte unmittelbar entscheiden durfte.

Das Ergebnis: Die Entscheidungsqualität verbesserte sich nach der Beschäftigung mit anderen Dingen deutlich in der Gruppe, die die Entscheidung aufgrund des Gesamteindrucks traf.

Sollten die Teilnehmer ihre Entscheidung auf Grund vieler einzelner Informationen treffen, verbesserte sich die Entscheidung auch nach der Inkubationszeit nicht.

Entscheidet man also auf Grund des Gesamteindrucks einer Situation oder verschiedener Alternativen, sollte man seinem Bauchgefühl ruhig etwas Zeit lassen.

Viele wichtige Entscheidungen treffen wir letztlich auf Grund unseres Gesamteindrucks, weil wir oft gar nicht alle relevanten Informationen erhalten und manche Folgen nur schwer abschätzen können. Falls es uns erlaubt ist, sollten wir hier mit heißem Herzen und zusätzlich kühlem Verstand entscheiden - indem wir unseren Kopf eine Zeit lang abkühlen.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer


Quelle:
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2009-04/uocp-dtd042009.php- 7.0KB - Public Press Releases

Dienstag, 5. Mai 2009

Die Macht von Stereotypen

...und wie wir sie überwinden können:

Stereotype werden allgemein als Vorurteile (oder: Einordnung in Kategorien) gegenüber bestimmten Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten (gesellschaftlichen) Gruppen definiert. Die Macht von Stereotypen ist so groß, dass sie sich nicht nur auf die Personen auswirkt, die sie anwenden. Auch diejenigen, die stereotypisiert worden sind, lassen sich unbewusst in Richtung des Stereotyps beeinflussen, wenn sie die Einordnung mitbekommen.

Recht anschaulich wird das in Experimenten verdeutlicht, bei denen Frauen Mathematikaufgaben unter 2 Bedingungen lösen sollen. In der ersten Bedingung sollen sie ihren Wohnort angeben, in der zweiten Bedingung ihr Geschlecht. Das Stereotyp dahinter lautet, dass 'Frauen schlechter in Mathe' sind. In der Tat zeigen Frauen, die ihr Geschlecht im Antwortbogen vermerken, eine schlechtere Leistung als diejenigen, die nur ein paar demographische Angaben machen!

Im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung wird also (meist unbewusst) zunächst das Stereotyp aktiviert und anschließend sinkt die Leistung.

Dieses und ähnliche Ergebnisse haben zur berechtigten Diskussion geführt, ob beispielsweise Geschlechterunterschiede bei der Performance verschiedener Aufgaben zum Teil auf Stereotypisierung zurückzuführen sind.

Wir sind alle täglich vielen Stereotypen ausgesetzt. Steigen wir morgens aus dem Bett, sind wir Mann oder Frau, sind wir in Deutschland, der Türkei, Russland oder den USA geboren, wohnen wir in einer Wohnung oder unserem Haus, arbeiten wir als Banker, Buchhalter oder Bäcker, sind wir klein oder groß usw.

Und bei allem, was wir täglich tun ist anzunehmen, dass wir möglicher Weise nicht nur einem Stereotyp unterliegen. Frauen können schlechter rechnen? Aha, was ist mit weiblichen Finanzbuchhalterinnen? Sind diese gut in Mathe aber konservativ und stur in ihren Einstellungen? Was, unsere mathematisch begabte Buchhalterin ist Mitglied bei 3 Wohltätigkeitsorganisationen? Naja, typisch, Helfersyndrom...!

Was kann man also tun, um - zumindest zum Wohl seiner eigenen Performance - diese Stereotype zu ignorieren, beziehungsweise zu nutzen? Robert Rydell und seine Kollegen vom Department of Psychological and Brain Sciences der Indiana University geben in einer Serie von Experimenten die Antwort:

Sie setzten College-Studentinnen Stereotypen aus und ließen sie dabei mathematische Tests bearbeiten. Eine Gruppe wurde informiert, dass Frauen generell schlechter bei Mathetests abschneiden. Einer weiteren Gruppe wurde vorab mitgeteil, dass College-Studenten generell besser seien als Leute, die nicht das College besuchten. Zwei weitere Gruppen erhielten entweder gar keine Informationen über Stereotype oder beide relevanten Informationen.

Das Ergebnis: Die Studentinnen zeigten nur dann eine schlechtere Leistung, wenn sie ausschließlich mit der Information konfrontiert worden waren, dass Frauen schlechter bei Mathetests abschneiden. Offensichtlich schützte die Aktivierung eines positiven Stereotyps die Frauen vor der Aktivierung des negativen Stereotyps.

Um diese Annahme zu testen, prüften Rydell und seine Kollegen mit welchem Stereotyp sich die Studentinnen in den jeweiligen Bedingungen identifiziert hatten. In der Tat identifizierten sie sich nur in Abwesenheit positiver Stereotype mit dem negativen Vorurteil gegenüber Frauen und Mathe.

Offensichtlich können wir zwischen verschiedenen Stereotypen wählen. Dabei sollten wir darauf achten, dass wir das für unsere Performance beste Stereotyp herausgreifen. Eine Bedingung ist allerdings, dass uns die richtigen Stereotype bewusst sind.

"Die Aktivierung von Stereotypen erfolgt relativ automatisch und ist schwer zu kontrollieren" sagt Rydell. "Ob man jedoch an das Stereotyp glaubt oder nicht, das ist unter willentlicher Kontrolle. Eine Option ist demnach, in einer Lesitungssituation an all die positiven Gruppen zu denken, denen man angehört und die mit der Aufgabe etwas zu tun haben."





gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer


Quelle: http://www.eurekalert.org/bysubject/social.php

Montag, 4. Mai 2009

Immer locker bleiben - Sitzhaltungsmythen


Wie sieht die optimale Sitzhaltung aus?

Antwort: DIE optimale Sitzhaltung gibt es nicht. Den meisten Menschen tut eine Kombination der 3 dargestellten Alternativen am besten.

Öfters die Sitzposition zu wechseln, setzt die Bandscheiben optimaler Belastung aus. Bandscheiben bestehen aus knorpelähnlichem Material und sind deshalb sogar auf flexiblen Druck angewiesen, um langfristig zu funktionieren.


Schlecht ist nur, wenn man länger in einer Position verharrt. Jahrhundertelang bekamen Kinder eins auf den Rücken, wenn sie aus der 'optimalen' 90°-Stellung (b) in eine 'Lümmelhaltung' (c) wechselten. Und 2006 sorgte eine Pressemeldung für Aufsehen, nach der die Lümmelhaltung die gesündeste, weil am wenigsten beanspruchende Sitzhaltung ist.
Wilke (1999) fand heraus, dass entspanntes Sitzen à la c) weniger Druck auf die Bandscheiben zur Folge hat. Und in der Untersuchung, die der Aufsehen erregenden Pressemeldung rund um das gesunde 'Lümmeln' vorausging, untersuchte ein Team um W. Bashir mittels Kernspintomograph den Druck auf Bandscheiben und Rückenwirbel und kam zu dem Schluss, dass in einer 135°-Position der wenigste Druck vorherrscht.

Diese Ergebnisse verführen zu voreiligen Schlüssen. Allerdings zeigen medizinische Studien konsistent, dass statischer Druck auf die Wirbelsäule in jeglicher Position negative Auswirkungen hat.


Die Berufsgenossenschaften empfehlen eine dynamische Sitzposition - zu Recht. Denn nur, wenn man die Sitzposition öfter wechselt, kann man Rückenschmerzen vorbeugen.



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer



Quelle: Supp, G. (2007). Leben_Mythen & Mysterien - Lümmeln ist gesund.
pt_Zeitschrift für Physiotherapeuten, 59, 5