Freitag, 27. November 2009

Nimm mir den Schmerz!

Lebenspartner sind gerade in schweren Stunden unsere wertvollste Ressource. Sie stehen uns bei, spenden uns Trost, nehmen uns den Schmerz. Und nicht nur den psychischen - wenn einmal wieder etwas schief gelaufen ist, wir irgendwo unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden sind, jemand uns verletzt, gedemütigt oder übervorteilt hat. Unsere Lebenspartner sind mehr als alles andere auf der Welt (ausgenommen Schmerzmittel vielleicht) dazu fähig, auch unsere physischen Schmerzen zu lindern.


Das zeigten jetzt eindrucksvoll Psychologen um Sarah Master von der University of California in Los Angeles. Sie baten Paare zu einem heiklen Experiment ins Labor: Den Frauen wurden unter verschiedenen Bedingungen (langfristig harmlose) Schmerzreize verabreicht: Einmal hielten die jeweiligen Partner dabei ihre Hand oder sie durften ein Bild ihres Partners ansehen. In anderen Bedingungen hielt der männliche Versuchsleiter ihre Hand oder sie sahen ein Porträt eines fremden Mannes, der ihrem eigenen Partner entfernt ähnlich sah. In weiteren drei Bedingungen hielten die Frauen während des Schmerzes einen Quetschball, sahen Objekte auf einem Computerbildschirm oder einfach gar nichts.

Das Ergebnis: Einzig in den beiden Bedingungen, in denen der Partner physisch anwesend war oder sie sein Gesicht betrachteten, fühlten die Frauen weniger Schmerzen. Kein anderer Mann und kein sonstiger Reiz war also in der Lage, sie so gut von ihren Schmerzen abzuhalten wie ihr Partner das konnte - einfach indem er 'für sie da war'.

Sarah Master und ihre Kollegen vermuten, dass die Bilder und die physische Anwesenheit der Partner mentale Konstrukte aktivieren, die den Frauen ein Gefühl von Unterstützung, Geliebtwerden und Sicherheit vermitteln. Soziale Unterstützung ist generell wichtig, wenn schlimme Lebensereignisse, Stress oder Schmerzen bekämpft und verarbeitet werden sollen. Sich an nahe Bezugspersonen zu wenden, wenn es einem schlecht geht, ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Es ist eine wirkungsvolle Strategie, um effektiv mit negativen Dingen fertig zu werden.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Master, SL et al. (2009). A Picture's Worth. Partner Photographs Reduce Experimentally Induced Pain. Psychological Science, 20, 1316-1318

Dienstag, 24. November 2009

Anderen die Schuld zuschieben... ist ansteckend!

Anderen die Schuld für eigene Versäumnisse zuzuschieben, ist einfach, aber langfristig schädlich. Zudem ist dieses Verhalten ansteckender als die Schweinegrippe und kann das Organisationsklima innerhalb kürzester Zeit nachhaltig verschlechtern.

"Schuldzuweisungen erschaffen eine Kultur der Angst" sagt Prof. Dr. Nathanael Fast, Psychologe an der University of Southern California in Los Angeles. In einigen Experimenten untersuchte er Dynamik und Auswirkungen von öffentlichen Schuldzuweisungen und öffentlicher (unberechtigter) Kritik. Er stellte dabei fest, dass Menschen sich schneller von schlechten Beispielen anstecken lassen, als sie selbst zugeben würden:

"Wenn wir beobachten, wie andere ihr Ego schützen, indem sie andere angreifen und ihnen die Schuld für Fehler zuschieben, beginnen wir rasch selbst damit, solche Verteidigungsstrategien zu entwickeln. Wenn wir dann unser Selbstbild schützen, indem wir anderen die Schuld geben, fühlt sich das in dem Moment gut an." Langfristig nähme das Ego jedoch Schaden, meint Fast. Genau wie die eigene Reputation, die Arbeitszufriedenheit und die Leistung ganzer Arbeitsgruppen und Organisationen.

Was aber tun, wenn man sein Ego bedroht sieht und die Schuld gerechterweise auf andere Schultern verteilen will?

Zunächst rät Fast zur alten Weisheit, die Schuldfrage erst einmal unter vier Augen zu klären - damit kein Außenstehender sich das Verhalten von Schuldzuweisungen und Aggression 'abschauen' kann: "Loben Sie in aller Öffentlichkeit, kritisieren Sie unter vier Augen." Oder etablieren Sie eine Kultur, in der Fehler nicht nur toleriert, sondern als Chance zu Verbesserung und persönlicher Entwicklung wahrgenommen werden.

Fast zeigt in seinen Experimenten auch, dass ein hohes Selbstwertgefühl vor Schuldzuweisungen schützt: Versuchsteilnehmer, deren Selbstvertrauen durch ein kurzes Training gestärkt worden war, zeigten sich weitaus weniger anfällig für Schuldzuweisungen und sorgten in der Regel für ein positiveres Klima und produktivere Arbeitsbedingungen in ihrem Umfeld.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: www.eurekalert.org/pub_releases/2009-11/uosc-sbi111909.php

Freitag, 20. November 2009

Die Kunst des positiven Streitens

Schwelende Spannung macht auf Dauer krank - Meinungsverschiedenheiten und Streits aber offen und konstruktiv miteinander auszutragen ist regelrecht gesund: Streitfähige Paare sind körperlich und psychisch nachweislich gesünder als andere.

In einer Studie ließen Forscher der Ohio State University hundert verheiratete Paare eine halbe Stunde diskutieren: Über Alltagsthemen wie Geld, Freizeit oder Verwandte. Die vorher und nachher abgenommenen Blutproben zeigten, dass das Immunsystem bei solchen Partnern schwächer wurde, die zurückweisend, ablehnend, scheußlich oder sarkastisch, also insgesamt negativ miteinander umgingen.

Der Streit wurde demnach regelrecht als Stress empfunden und schwächte das Immunsystem, was stets zur Folge hat, dass sich das Krankheitsrisiko erhöht.

Es geht nicht darum, Streit zu vermeiden, sondern darum, ihn fair miteinander auszutragen. Das bedeutet, den Partner nicht zu verletzen, und ihm keine Dinge vorzuwerfen, die nicht veränderbar sind und wo er chancenlos ist.

Gleichzeitig gilt es zu vermeiden, die eigene Verantwortung dem Partner zuzuschieben. Sich also zu lösen von Formulierungen wie: "nur weil du...(so bist, so sprichst, dich so verhalten hast), mache ich..." oder "du zwingst mich ja regelrecht dazu..." oder "du lässt mir ja keine andere Wahl." Das Ziel muss vielmehr sein, die Verantwortung für sämtliche Entscheidungen, Äußerungen und Handlungen selbst zu übernehmen.

Ebenso destruktiv wirkt es, wenn man beim Partner Schuldgefühle erzeugt: "Das hätte ich aber nicht gedacht von dir!" oder "Ich bin enttäuscht von dir." oder "Warum tust du mir sowas an?" oder "Was habe ich dir getan, dass du so gemein zu mir bist?"

Will man nun proaktiv kommunizieren, gilt es zu erkennen, dass es immer zwei braucht für eine Interaktion. Schließlich kann man nur dann streiten, wenn beide mitmachen. Eigentlich genauso, wie wenn man sich die Hand gibt, als Symbol der Kontaktaufnahme - oder der Versöhnung ...



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Liebe und Lust. Mary Hahn Verlag

Dienstag, 17. November 2009

Besser entscheiden mit Psychologie - Vertrauen ist Trumpf

Auf Grund der uralten Einsicht, dass nicht alles menschliche Verhalten rational ist und der Möglichkeit neuer Forschungsmethoden erlebte Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts die Verbindung von Psychologie und Wirtschaftswissenschaften eine Renaissance: Mit Hilfe der Tools der Verhaltensökonomie konnten Forscher nun weitaus besser als zuvor das (ir-)rationale Entscheidungsverhalten des Homo sapiens erklären und vorhersagen.

Bevor Sie sich nun wertvolle Tipps für bessere Entscheidungen abholen, sind Sie herzlich eingeladen, ein paar Zeilen zur Prospect Theory (siehe Beitrag vom 09.09.09) zu lesen. Obwohl die meisten Untersuchungen zur Prospect-Theorie aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, gilt die Theorie jedoch für alle Bereiche unseres Entscheidungs-Lebens. Zeit also, dass Sie in den Genuss der Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaftler kommen, damit Sie in Zukunft besser entscheiden.

Fairness und Vertrauen sind Trumpf

Prof. Dr. Falk von der Universität in Bonn hat ein schwieriges Forschungsgebiet: Er untersucht die Auswirkungen ethischer Werte auf Verhalten und Erleben der Menschen. Seine aus experimentellen Ergebnissen gewonnenen Erkenntnisse sind jedoch einfach und spannend zugleich. Eine seiner wichtigsten lautet: Fairness und Vertrauen sind bei wirtschaftlichen Entscheidungen wichtiger als Egoismus.

Was? Das ist doch wohl ein Scherz, oder? In Zeiten der Finanzkrise, wo allseits der Geist des Eigennutzes zu wehen scheint und gerissene Finanzjongleure mit ihrer Ellenbogenmentalität Unschuldige in den Ruin treiben? Jeder schaut doch am Ende nur auf sich!

Weit gefehlt, behauptet Falk. Und selbst wenn jeder am Ende nur den eigenen Nutzen maximieren sollte: Auf dem Weg dorthin, versuchen wir - weitgehend emotionsgeleitet - auch die Belange anderer zu maximieren, um mit ihnen langfristig ein gutes Verhältnis zu wahren.

Um seine These zu untermauern, ließ Falk freiwillige Versuchpersonen in Zweiergruppen das sogenannte 'Ultimatum-Game' spielen. Dort erhält eine der Versuchspersonen (Person A) 10€ und die Anweisung, diesen Betrag nach eigenem Ermessen mit dem Mitspieler B zu teilen. Der Mitspieler wiederum kann das Angebot annehmen oder ablehnen. Der Trick: Lehnt der Mitspieler das Angebot ab, gehen beide leer aus. Nimmt er an, wird der Anteil des Mitspielers B vom Versuchsleiter verdreifacht. Worauf B wiederum nach eigenem Ermessen einen Teil des verdreifachten Betrages an A 'aus Dankbarkeit' zurückgeben darf (der Betrag wird allerdings nicht mehr verdreifacht).

Für alle Nutzenmaximierer würde nun gelten: B nimmt das Angebot von A (das meist zwischen 3€ und 10€ liegt) an und verschwindet mit dem Geld, wohl wissend, dass er mehr vom Kuchen bekommen hat als A. Doch anders als erwartet schätzt in der Regel B das Vertrauen, das A ihm geschenkt hat und revanchiert sich mit in etwa der Hälfte des gewonnenen Betrages. Warum? Falk ist der Meinung, dass Menschen bei finanziellen Entscheidungen in der Regel auch am Nutzen für den Geschäftspartner interessiert sind, denn genau dieser Geschäftspartner kann in Zukunft dazu beitragen, das gemeinsame Vermögen noch weiter zu erhöhen. Es gilt also, kurzfristig Gewinn zu machen, aber auch langfristig wertvolle Beziehungen zu pflegen.

Das ideale Ergebnis (den optimalen Win-Win-Deal sozusagen) erhalten übrigens beide Spieler, wenn A die gesamten 10€ an B überweist und B anschließend mit A teilt. Beide haben dann 20€ gewonnen und somit ihr Anfangskapital vervierfacht. Eine optimale Basis für ein langfristiges und Gewinn bringendes gemeinsames Engagement.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Falk, A. et al. (2008). Testing Theories of Fairness - Intentions Matter. Games and Economic Behavior, 62



Freitag, 13. November 2009

Gewalt in der Partnertschaft - Affekt oder kalkuliertes Risiko?

"Ich... ich weiß auch nicht ... schätze, mir ist einfach ... ja, mir ist einfach die Sicherung durchgebrannt. Da hab ich ausgeholt und... eigentlich wollte ich nicht so fest zuschlagen... nur drohen, ich wollte sie ja nicht verletzen, aber meine Gefühle sind mit mir durchgegangen."

Statistiken sowie dutzende persönliche Berichte zeigen immer wieder, dass Gewalt in der Partnerschaft bittere Realität ist. Nimmt man verbale Aggression und Drohungen mit in die Gleichung auf, sind Männer sogar beinahe so häufig davon betroffen wie Frauen - nur bei der 'Schwere' der Taten führen die Männer natürlich.

Das obige Szenario stellt dabei den Prototyp ehelicher Gewalt dar. Sofort denken wir bei 'Gewalt in der Partnerschaft' an den aus Affekt prügelnden Ehemann.

Dieses Bild stellen israelische Forscher nun ernsthaft in Frage und behaupten: Der größte Teil häuslicher Gewalt ist nicht emotional bedingt sondern kühl kalkuliert.

Die Wissenschaftler um Prof. Eisikovits und Dr. Perkis von der Universität in Haifa erforschten zunächst die Phasen partnerschaftlicher Gewalt und stellten fest: Die Eskalation solcher Gewalt folgt immer denselben Schritten. Zunächst verbale Aggressivität (fast immer von beiden Seiten), dann Drohungen, leichte physische Übergriffe und schließlich schlimmsten Falls ernsthafte Verletzung des Partners.

In ihren Studien stellten Sie zudem fest, dass Gewalt in der Partnerschaft eine Konfliktlösungsstrategie darstellt, die zu einem gewissen Maß von beiden Seiten geplant ist. Diese zunächst unlogisch erscheinende Aussage erklärt Dr. Perkis näher: "Natürlich setzt sich keiner der Partner hin und plant, wann er auf den anderen einschlägt oder ihm droht. Aber es existiert eine Art stilles Einverständnis zwischen den beiden, wo die Grenzen der Gewalt und der Respektlosigkeit liegen."

Die Partner kalkulieren dann in einer Streitsituation den Preis, den Sie für dieses oder jenes Verhalten zahlen müssen. Wenn Er zum Beispiel annimmt, dass Sie eine leichte Ohrfeige noch hinnimmt, bei einem Faustschlag in den Bauch aber die Polizei informiert, wird Er höchstens bis zur Ohrfeige gehen. Gibt Sie Ihm zu verstehen, dass eine Ohrfeige zur Scheidung führt, wird er sich in der Regel vorher zurücknehmen.

Dr. Perkis betont, dass partnerschaftliche Gewalt so illegal wie unmoralisch ist und dass natürlich jeweils der Partner der Schuldige ist, der auch tatsächlich handgreiflich wird. Für Paare, die trotz solcher Auseinandersetzungen zusammen bleiben wollen und einen Neuanfang starten, ist es aber zunächst einmal ganz wichtig, sich zu verdeutlichen: Beide Partner haben innerlich eine Grenze festgelegt und diese ist überschritten worden.

Deshalb wird in der Therapie besonderer Wert darauf gelegt, die Motive beider Partner und die Dynamik zwischen ihnen aufzuklären. Die bisherigen - offensichtlich unzureichenden - Konfliktlösungsstrategien werden analysiert und verdeutlicht. Neue, für beide akzeptable Konfliktstrategien werden gezeigt und erprobt, damit nachhaltiges Partnerglück ohne Gewalt wieder erlebbar wird.

Obwohl Gewalt in der Partnerschaft also im Regelfall kalkuliert ist, kann es trotzdem in einigen Situationen zu unkontrollierten Ausbrüchen von Aggression kommen. Allerdings sind diese Fälle deutlich seltener.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: University of Haifa (2009). Violence between couples is usually calculated, and does not result from loss of control.

Dienstag, 10. November 2009

Dermatologische Zeichen von Stress....

...und was Sie dagegen tun können.

Chronische psychische und physische Belastung führt zu Stresssymptomen. Nervosität, Unruhe, Verdauungsprobleme, leichte Schlafstörungen und Aggressivität kennt wohl jeder, der schon einmal über längere Zeit unter Stress gestanden ist. Weniger beachtet wird dagegen, dass uns chronischer Stress 'mit Haut und Haaren auffrisst'. Dermatologen werden immer öfter mit Erkrankungen konfrontiert, die Ihre Ursache in Stressrekationen der Patienten haben. Ein Video des American Institute of Physics aus der Reihe 'Discoveries and Breakthroughs in Science' klärt über diese Symptome auf (bitte auf das Bild klicken, Sie werden auf die Website von 'Sciencedaily' verlinkt):



Die Forscher um Dr. Mayoral empfehlen in diesem Beitrag Meditation und Sport als Hauptstrategien gegen stressbedingte Hautreaktionen. Dadurch wird das schädliche Stresshormon Cortisol schneller abgebaut und im Gegenzug Endorphine ausgeschüttet, die ein wohlig-entspanntes Glücksgefühl vermitteln.

Weitere Strategien gegen Stress und Cortisol sind:
  • Perfektionismus ablegen
  • Zeitmanagement und sinnvolles Delegieren im Beruf
  • Nicht zu heiß baden/duschen
  • genügend Auszeit für Entspannung und Schlaf(!) nehmen


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: American Institute of Physics series Discoveries and Breakthroughs in Science by Ivanhoe Broadcast News and are protected by copyright law. All rights reserved

Freitag, 6. November 2009

Kommunikation: Das Wie ist wichtiger als das Was

Meist wird mit dem Text des gesprochenen oder geschriebenen Wortes der kommunikative Inhalt vermittelt; mit der Art und Weise, wie er gesprochen oder geschrieben ist, offenbart der Sprecher oder Schreiber vor allem seine Beziehung zum Gegenüber.

Das Sprichtwort "Der Ton macht die Musik" belegt, dass es wohl schon immer für ein Gespräch wichtiger war, wie etwas gesagt wird, als was gesagt wird. Ähnliche wie bei der Henne und dem Ei erscheint in einer Interaktion - einer wechselseitigen Kommunikation - zwischen zwei Menschen nie ganz klärbar, wer von beiden eigentlich angefangen hat und wer von beiden nur auf den anderen reagiert.


Typisch ist diese Form von Interaktionssequenzen für Ehestreitigkeiten. Beide Partner haben das Gefühl, auf das scheinbare "Fehlverhalten" des anderen berechtigterweise destruktiv reagieren zu dürfen.

Charakteristisch für dieses subjektiv als reagierend, vom anderen jedoch als ursächlich erlebte Verhalten ist der gerade im Ehestreit häufig verwendete Satzanfang "Nur weil du...!" Eine Formel, die Selbstverantwortung leugnet und Verzeihen erschwert.




gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan (2005). Kommunikative Kompetenz. GABAL Verlag

Dienstag, 3. November 2009

Was unser Gesicht über Aggressivität verrät

Nicht nur über Worte und Gesten können wir feststellen, ob unser Kommunikationspartner ein aggressiver Mensch ist. Allein ein kurzer Blick in die Gesichtszüge genügt.

Das berichten Dr. Justin Carré und seine Kollegen von der Brock University of Ontario, Kanada. In ihrem psychologischen Experiment gingen sie der Frage nach, ob es möglich ist, die Tendenz zu aggressivem Verhalten mit einem kurzen Blick in die Gesichtszüge des Gegenübers einzuschätzen. Dazu zeigten sie ihren Versuchspersonen Bilder von Männern, deren Aggressivität sie zuvor im Labor untersucht hatten.

Obwohl alle Männer auf den Bildern einen neutralen ('un-emotionalen') Gesichtsausdruck aufgesetzt hatten, filterten die Versuchspersonen erstaunlicherweise recht zuverlässig die aggressiven Männer heraus. Und zwar unabhängig davon, ob sie die Bilder eingehend betrachten durften oder nur ganz kurz (für 39 Millisekunden) gezeigt bekamen.

Dr. Carré und sein Team erklären ihren interessanten Befund damit, dass wir zur Einschätzung der Aggressivität von Unbekannten (schnelles Entscheiden kann hier überlebenswichtig sein!) einen sehr groben, aber ungemein zuverlässigen Indikator heranziehen: Die sogenannte width-to-height ratio (WHR), sprich: Das Verhältnis der Entfernung vom linken zum rechten Wangenknochen und der Entfernung von der Oberlippe zu den Augenbrauen.

Während Jungen und Mädchen in der Kindheit keinen Unterschied in der WHR zeigen, entwickeln junge Männer in der Pubertät eine größere WHR. Untersuchungen bei jungen Männern haben außerdem gezeigt, dass solche mit einer größeren WHR auch tendenziell mehr aggressives Verhalten zeigen.

Tatsächlich ging im Expreiment von Dr. Carré die Einschätzung aggressiven Verhaltens mit einer größeren WHR einher - welche wiederum proportional zur vorher festgestellten Aggressionsneigung der Männer war.

Die Ergebnisse belegen, dass beinahe unmerkliche Unterschiede in der Gesichtstruktur anderer Menschen sehr stark unsere Einschätzung und unser Verhalten gegenüber diesen Menschen beeinflussen können.



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Carré, JM, McCormick, CM, Mondloch, CJ (2009). Facial Structure is a Reliable Cue of Aggressive Behavior. Psychological Science, 20 (10)