Schon bevor ein Pianist einen Fehler macht, bemerkt sein Gehirn, dass etwas schief läuft und versucht den Fehler zu korrigieren. Übersinnlich? Nein, eher "unterbewusst".
Forscher des Max Planck Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften wollten herausfinden, zu welchem Zeitpunkt bei der Handlungsplanung vom Gehirn Fehler entdeckt werden. Mit einem erstaunlichen Ergebnis: Die Fehler werden bereits vor der Ausführung entdeckt.
Sie schlossen für ihre Untersuchung Klavierspieler an ein EEG-Geraät an. Mit Hilfe von EEG können auf der Kopfoberfläche Spannungsschwankungen erfasst werden, die neuronale Aktivität in bestimmten Hirnregionen widerspiegeln. Durch die gute zeitliche Auflösung des Verfahrens kann man dem Gehirn praktisch wie bei einem Livestream "online" beim Arbeiten zusehen.
Während die Klavierspieler Tonleitern übten, zeichneten die Wissenschaftler ihre Gehirnaktivität auf. Bis zu 100 Millisekunden, bevor die Pianisten einen Fehler machten, änderten sich dabei die Muster in bestimmten Hirnregionen, vermutlich solchen, die für motorische Handlungsplanung oder Gedächtnis zuständig sind.
Die Untersuchung verdeutlicht ein Prinzip, das sich über viele Situationen und Handlungen erstreckt: Die meisten unserer Aktionen und Reaktionen laufen zunächst unbewusst ab, erst danach werden sie bewusst überdacht und können eventuell auch bewusst verhindert werden. Die Forscher sprechen dabei von "Verhaltensinhibition". Ein weiteres Beispiel ist eine Schlange am Wegrand. Wir zucken zurück, bevor wir die Schlange bewusst wahrnehmen! Ist es auf den zweiten Blick eine Gummischlange (diese Einordnung setzt komplizierte Kategorisierungsprozesse unseres Gehirns voraus), können wir uns wieder nähern. Unser ängstliches Verhalten wird damit bewusst 'inhibiert'.
Auch in sozialer Interaktion und Kommunikation sind wir uns unserer Fehler oft nicht bewusst, spüren aber 'intuitiv', dass etwas nicht passt. Diese Intuition kann nachträglich bewusst überprüft werden - sofern man die Gesetze interpersoneller Kommunikation kennt.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Maidhof C, Rieger M, Prinz W, Koelsch S (2009) Nobody Is Perfect: ERP Effects Prior to Performance Errors in Musicians Indicate Fast Monitoring Processes. PLoS ONE 4(4): e5032. doi:10.1371/journal.pone.0005032