Teil 2: Intelligenz trainieren
Manche Menschen sind schlauer, manche dümmer. Kann man das ausgleichen?
Im Blog-Beitrag vom 30.3.09 haben Sie die Grundlagen der Intelligenzforschung erfahren. Sie unterscheidet sich in kristalline und fluide Intelligenz. Die kristalline ist per definitionem trainierbar, wenn wir sie mit Informationen füttern. Die fluide Intelligenz ist eigentlich per definitionem nicht trainierbar, weil sie 'unabhängig von zuvor gelernten Informationen' existiert. Allerdings gibt es Möglichkeiten, diese Art von angeborener geistiger Leistungsfähigkeit langfristig zu steigern.
1) Das Arbeitsgedächtnis trainieren:
Forscher der Universität Bern haben 2008 eine Studie veröffentlicht, in der sie Versuchspersonen mit Aufgaben trainierten, die das Arbeitsgedächtnis verbessern sollten. Das Arbeitsgedächtnis speichert und manipuliert kurzzeitig Informationen. Eine Arbeitsgedächtnisaufgabe wäre zum Beispiel, sich eine Reihe von Zahlen zu merken und sie dabei aufsteigend anzuordnen. Im Experiment der Uni Bern schnitten die Versuchspersonen, die ihr Arbeitsgedächtnis trainiert hatten, umso besser in klassischen Intelligenztests ab, je länger sie trainiert hatten. Die Forscher vermuten, dass das Arbeitsgedächtnis sehr ähnliche Schaltkreise beansprucht wie die fluiden Intelligenzleistungen. Diese neuronalen Schaltkreise werden also mittrainiert. Zur Zeit wird ein Trainingsprogamm entwickelt, mit dem sich die Intelligenz kurzfristig steigern lässt. Studien über positive Langzeiteffekte des Trainings sollen folgen.
2) Aktives Nachdenken und Problemlösen in verschiedensten Lebensbereichen:
Geistige Aktivität, genau wie körperliche Aktivität, hält die grauen Zellen fit. Damit beugt man nicht nur dementiellen Erkrankungen vor. Vielmehr 'generalisiert' geistige Aktivität in einem fordernden Umfeld häufig auf andere Lebensbereiche. Die positiven Effekte sind unmittelbar feststellbar.
3) Medikamente:
Besonders aufmerksamkeitssteigernde Präparate bewirken, dass man sich Dinge besser merken, konzentrierter lernen und effizienter Informationen verarbeiten kann. Besonders beliebt ist hier anscheinend Ritalin, das zur Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) eingesetzt wird. Studien aus den USA schätzen, dass zur Zeit 14-25 % aller Studenten vor wichtigen Prüfungen Medikamente einnehmen. Vorsicht vor ungewollten Folgen und Nebenwirkungen: Gegenwärtig existieren keine Langzeitstudien, die die Unbedenklichkeit dieser Art von Selbstmedikation bescheinigen können.
4) Das Richtige essen:
Forscher des Massachussetts Intitute of Technology in Cambridge haben in Versuchen mit Wüstenspringmäusen Erstaunliches herausgefunden: Nach Verabreichung von Futter, das mit Cholin (kommt z.B. in Eiern vor), Omega-3-Fettsäuren (Fischöl) und Uridinmonophosphat (Rüben) lernten die Tiere schneller. Und mehr noch: Sie bildeten mehr Synapsen in Gehirnregionen aus, die für Lernen und Gedächtnis verantwortlich sind. Die Frage ist noch offen, inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.
Bevor man also zu Medikamenten greift, um sich künstlich schlau zu machen, sollte man geistig aktiv sein, das Richtige essen und das Arbeitsgedächtnis fordern (kleine Merkaufgaben, ein Instrument, ein Gedicht oder einen Witz lernen oder neue kreative Lösungen für die kleinen Probleme des Alltags suchen).
Und einen Joker haben Sie ja noch auf der Hand: Welche besondere Rolle Fisch beim IQ-tanken spielt, erfahren Sie morgen.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quellen:
Holguin, S., Martinez, J., Chow, C., Wurtman, R. Dietary uridine enhances the improvement in learning and memory produced by administering DHA plus choline to gerbils. FASEB
Jaeggi, S. M., Buschkuehl, M., Jonides, J., & Perrig, W. J. (2008). Improving fluid intelligence with training on working memory. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 105(19), 6829-6833. fj.08-112425, published online July 7, 2008