Wann hatten Sie zum letzten Mal eine Idee über Nacht im Schlaf? Kam es schon einmal vor, dass Sie wirklich wichtige Entschlüsse morgens unter der Dusche oder Abends ganz entspannt bei einem Glas Wein getroffen haben, ohne dass Sie unmittelbar zuvor an das relevante Problem gedacht hatten? Waren diese Ideen fruchtbar und die damit verbundenen Entscheidungen letztlich richtig? Ist der oft gehörte Rat: "Schlaf eine Nacht darüber, dann entscheide dich!" nun richtig oder falsch?
Die meisten Menschen bevorzugen es in vielen Situationen, sich vor wichtigen Entscheidungen abzulenken und sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Doch steigt mit der sogenannten 'Inkubationszeit', einer Periode der Ablenkung und des Sich-setzen-Lassens von Informationen, auch die Entscheidungsqualität?
Davy Lerouge und seine Kollegen von der Universität Tilburg (Niederlande) sind der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen eine kurzfristige Beschäftigung mit anderen Dingen zu besseren finanziellen Entscheidungen führt. Sie untersuchten insbesondere solche Entscheidungen, bei denen viele Informationen berücksichtigt werden müssen - wie es etwa bei strategischen ökonomischen und politischen Entscheidungen vorkommt. Oder auch bei wichtigen privaten Entscheidungen, zum Beispiel für ein neues Auto oder ein Haus.
In einer ihrer Studien sollten die Teilnehmer sich für ein Produkt aus einem Set ähnlicher Produkte entscheiden. Die eine Hälfte der Probanden bekam dabei die Instruktion, sich nur auf den Gesamteindruck der Produkte zu verlassen, während die andere Hälfte die Anweisung bekam, jede einzelne Produktinformation zu überdenken und bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Danach wurden die beiden Gruppen nochmals geteilt. Je die Hälfte der Versuchspersonen aus den Gruppen bearbeitete eine Zeit lang ablenkende Aufgaben, während die andere Hälfte unmittelbar entscheiden durfte.
Das Ergebnis: Die Entscheidungsqualität verbesserte sich nach der Beschäftigung mit anderen Dingen deutlich in der Gruppe, die die Entscheidung aufgrund des Gesamteindrucks traf.
Sollten die Teilnehmer ihre Entscheidung auf Grund vieler einzelner Informationen treffen, verbesserte sich die Entscheidung auch nach der Inkubationszeit nicht.
Entscheidet man also auf Grund des Gesamteindrucks einer Situation oder verschiedener Alternativen, sollte man seinem Bauchgefühl ruhig etwas Zeit lassen.
Viele wichtige Entscheidungen treffen wir letztlich auf Grund unseres Gesamteindrucks, weil wir oft gar nicht alle relevanten Informationen erhalten und manche Folgen nur schwer abschätzen können. Falls es uns erlaubt ist, sollten wir hier mit heißem Herzen und zusätzlich kühlem Verstand entscheiden - indem wir unseren Kopf eine Zeit lang abkühlen.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: http://www.eurekalert.org/pub_releases/2009-04/uocp-dtd042009.php- 7.0KB - Public Press Releases