Dienstag, 7. Juli 2009

"Sei mein Held - oder verliere alles." Aber ohne mich.

Risikoverhalten von Männern und Frauen unter Stress

"Der Gedanke, etwas nicht zu riskieren, ängstigt mich zu Tode." Der Spruch stammt von Kevin Kostner, den viele als 'urmännlich' bezeichnen würden. Wir kennen ihn typischer Weise aus actiongeladenen, dramatischen Rollen. Mit dem Auge des Wissenschaftlers und Psychologen betrachtet würden wir ihm attestieren, dass er ständig unter Stress steht. Und dann Dinge wagt, die (meistens) Erfolg bringen.

In den allermeisten Fällen sind es auch in Filmen Männer, die unter Stress die unmöglichsten Risiken eingehen, während Frauen sich eher zurückhalten und mit großen Augen dem Helden vertrauen. Aber stimmt dieses Klischee auch?

In unserem Beitrag 'Gender Matters' vom 30.6.09 berichteten wir über Ergebnisse aus den Neurowissenschaften, die zeigen, dass bei Männern und Frauen teilweise andere Gehirnareale aktiv werden, wenn sie unter Stress stehen. So werden bei Männern eher Regionen aktiv, die mit Kampf oder Flucht (also Verhaltensaktivierung) zu tun haben. Bei Frauen dagegen dominieren Regionen, die mit emotionaler Stressverarbeitung assoziiert sind.

Nichole Lighthall von der University of Southern California hat nun nachgewiesen, dass sich diese im Gehirn sichtbaren Aktivierungen auch auf das Verhalten auswirken. Sie setzte die Hälfte ihrer Teilnehmer akutem Stress aus, während die übrigen Frauen und Männer in einer lockeren Stimmung an ihrem Versuch teilnahmen.

Dort hatten dann alle die Aufgabe, Luftballons aufzublasen - virtuell, per Mausklick am PC. Je weiter sie die Ballons aufbliesen, desto mehr Geld konnten sie gewinnen. Das Risiko dabei: Die Ballons platzten bei unterschiedlichen Größen. Passierte das, verloren die Teilnehmer ihr Geld.

Und hier bestätigten sich das Klischee und die neuropsychologischen Befunde tatsächlich: Männer, die unter Stress standen, steigerten ihre Risikofreudigkeit um 20%, während bei Frauen die Risikofreudigkeit um fast 30% sank!

Nichole Lighthall erklärt das Ergebnis so: "Evolutionär gesehen ist es vielleicht nützlicher für Männer, in Stresssituationen, wenn es um alles oder nichts geht, aggressiv zu reagieren. Wir haben finanzielle Risiken untersucht, aber dort verhält es sich genauso wie bei modernen Revierkämpfen oder anderen wertvollen Ressourcen."

Andererseits: "Es gibt offensichtlich Situationen, in denen Risikoverhalten schädlich ist. Manchmal ist es gewinn bringender, konservativ, rational und langsam zu reagieren."
Diese gründliche, rationale Verarbeitung von Stress und Risikosituationen zeigt sich offensichtlich eher bei Frauen. Solche Situationen finden wir ganz häufig in wirtschaftlichen Krisensituationen, weshalb manche Autoren vorschlagen, in Wirtschaftskrisen mehr weibliche Manager zu beschäftigen und den Entscheidungsspielraum weiblicher Entscheider zu erhöhen (siehe unseren BLOG-Beitrag vom 12.3.2009)



gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: University of Southern California (2009, July 1). Risky Business: Stressed Men, But Not Stressed Women, More Likely To Gamble And Takes Risks.