In jeder Arbeitsgruppe gibt es von Zeit zu Zeit jemanden, der still und heimlich seinen eigenen Aufwand reduziert und trotzdem am Ende den geteilten Lohn für die Erfolge der Gruppe absahnt. Wie geht man als Führungskraft in der Regel mit so jemandem um? Richtig, man zitiert ihn zu sich und fragt, ob es einen triftigen Grund für das Faulenzen gibt. Falls nicht: man staucht ihn zusammen und droht ihm mit Rauswurf und schickt ihn so wieder motiviert an die Arbeit.
Die ökonomische Forschung der letzten Jahre gibt den Führungskräften recht: Kurzfristig steigern Bestrafen und Drohen die Performance von Mitarbeitern, die sich vorübergehend aus kooperativen Aufgaben heraushalten. Und damit auch die Performance der ganzen Arbeitsgruppe. Im Labor benutzt man zum Test solcher Szenarien das sogenannte 'public goods game' - ein experimentelles Setting, bei dem mehrere Teilnehmer individuelle Beiträge leisten können und am Ende gemeinsam dafür entlohnt werden. Wie so oft in der Realität.
Beispielsweise gibt man 4 Teilnehmern jeweils 20€ mit dem Hinweis, dass sie eine beliebige Menge des Geldes anonym in einen 'gemeinsamen Topf' werfen können. Man erklärt, dass die gemeinsam gespendete Menge vom Versuchsleiter verdoppelt und gleichmäßig unter den Teilnehmern verteilt wird. Spenden alle Teilnehmer den maximalen Betrag, verdoppeln sich am Ende somit die Einzelbeiträge jedes Teilnehmers - jeder erhält 80*2/4=40€. Angenommen, 3 Teilnehmer spenden 20€ und 1 Teilnehmer spendet gar nichts, so erzielt dieser Teilnehmer allein den maximalen Gewinn, nämlich: 60*2/4=30€ plus seine 20€, die er behalten hat. Macht 50€! Erfolgreich gefaulenzt. Die Gruppe allerdings hat insgesamt weniger Outcome.
Gibt man nun einem der Teilnehmer die (Führungs-)Macht, sich nachträglich die Einzelbeiträge zum gemeinsamen Topf anzusehen und die Faulenzer zu bestrafen, so zeigt das in der Regel Wirkung: Bei einem wiederholten Spiel bringen die bestraften Faulenzer genauso viel ein, wie alle übrigen Teilnehmer. Kurzfristig zeigt Bestrafung also positive Wirkung.
Langfristig allerdings scheint Belohnung für soziales Verhalten wirksamer zu sein. Der Psychologe David Rand von der Harvard University ließ seine Versuchsteilnehmer 50 Runden des Public Goods Game spielen und gab allen Gruppenmitgliedern die Macht, finanziell zu belohnen und zu bestrafen. Allerdings mussten sie ihr eigenes Budget dafür aufwenden. Das bedeutet, entweder mussten sie dafür zahlen, dass jemand bestraft wird, der nur einen geringen Beitrag geleistet hatte. Oder sie gaben etwas von ihrem eigenen Geld an jemanden ab, der einen besonders großen Beitrag geleistet hatte.
Dabei zeigte sich ganz deutlich: Gruppen, in denen überwiegend Belohnungen für prosoziales Verhalten (sprich: erhöhten persönlichen Einsatz) gegeben wurden, waren wesentlich erfolgreicher, gemessen am Gesamtbudget, das sie über 50 Runden erwirtschaftet hatten. Gruppen, in denen dauerhaft bestraft wurde, kamen mit wesentlich weniger Geld aus der Untersuchungssituation.
Das Fazit der Forscher um David Rand: Kurzfristig mag Bestrafung wirksam gegen Faulenzen sein. Langfristig allerdings sollte man - übrigens nicht nur in wirtschaftlichen Kontexten - erhöhten Arbeitsaufwand belohnen. So profitieren alle.
gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Rand, D., Dreber, A., Elllingsen, T, Fudenberg, D., Nowak, M. (2009). Positive Interactions Promote Public Cooperation. Science, 2009